“Arborescence” nennt man eine bestimmte Art von Wachstumsstrukturen, bei denen sich etwas organisch ausbreitet und verzweigt, ähnlich wie sich die Wurzeln, Äste und Zweige eines Baums ihre Wege zum Wasser und Licht suchen. Der junge Pianist Aaron Parks hat seinem ECM-Debüt den Titel “Arborescence” gegeben, weil es die Frucht einer Studiosession mit Soloimprovisationen ist, bei denen wenig vorbestimmt war und sich die Stücke, wie der Musiker selbst es ausdrückt, wie “Wesen mit einem Eigenleben” aus dem Moment heraus entwickelten, “und die Musik sich auf ganz organische Weise ihre Richtung suchte”.
Der 1983 in Seattle zur Welt gekommene Aaron Parks studierte bereits mit vierzehn Jahren Informatik und Musik an der University of Washington.
Doch schon nach nur einem Jahr wechselte er an die renommiertere Manhattan School of Music, wo ihn Kenny Barron unter seine Fittiche nahm. Frühreife bewies Parks danach auch auf seinem treffend betitelten Debütalbum “The Promise”, das er mit 16 Jahren machte und dem schnell die beiden nächsten Alben “First Romance” (2000) und “The Wizard” (2001) folgten. In den letzten zehn Jahren wirkte Parks auf einigen bahnbrechenden Alben von Terence Blanchard (u.a. auf dem Grammy-Gewinner “A Tale Of God’s Will”) und Christian Scott (“Anthem”) mit und arbeitete auf der Bühne oder im Studio schon mit Joshua Redman, Kurt Rosenwinkel und Gretchen Parlato. Aufmerksamkeit erregt er auch 2006, als er beim Klavierwettbewerb des Thelonious Monk Institute of Jazz ins Finale vorstieß. Dort belegte er am Ende den dritten Platz hinter Tigran Hamsayan und Gerald Clayton.
Dass er eines der hoffnungsvollsten Talente des zeitgenössischen Jazz ist, unterstreicht Aaron Parks nun auf “Arborescence”, seinem ersten Piano-Solo-Album für ECM. Die Musik des Albums entwickelt sich vollkommen intuitiv, ähnlich wie das in den 1970er Jahren bei den Piano-Solo-Alben von Keith Jarrett der Fall war. Und wie dieser summt und flüstert Parks teilweise auch die Melodien mit, die gewisse Einflüsse von Arvo Pärt, Paul Bley, Erik Satie und Kenny Wheeler aufweisen. Entstanden ist dabei eine Art instrumentaler Poesie, die “oftmals weniger bewusst und absichtsvoll ist, sondern mehr etwas Halb-Geträumtes, Halb-Erinnertes zu sein scheint”