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Jazzige Ohrwürmer mit Widerhaken

Auf “Little Big III” gelingt es dem Pianisten und Keyboarder Aaron Parks mit seiner Band die Ästhetiken von zeitgenössischer Improvisationsmusik, modernem Jazz, Hip-Hop, Indie-Rock und Weltmusik nahtlos und originell miteinander zu verschmelzen.
Aaron Parks
Aaron Parks(c) Anna Yatskevich
18.10.2024
Aaron Parks war noch keine 25 Jahre alt, als er 2008 mit “Invisible Cinema” sein erstes Album für Blue Note einspielte. Die Aufnahme gilt heute als Blaupause für den atmosphärischen Indie-angehauchten Jazz des 21. Jahrhunderts. “Ein besseres Debüt als ‘Invisible Cinema’ wird man dieses Jahr kaum hören”, schwärmte Thom Jurek damals auf AllMusic. “Das ist der Sound eines bereits voll ausgeformten Improvisationskünstlers.”
John Bungey nannte das Blue-Note-Debüt in der Londoner Times “beeindruckend” und verglich den jungen Pianisten und Keyboarder mit Jason Moran und Robert Glasper. Zehn Jahre nach “Invisible Cinema” knüpfte Aaron Parks mit einem neuen Quartett, dem er den Namen Little Big gab, wieder an dieses genreübergreifende Konzept an. “Little Big verbinden kreative, improvisierte Musik mit den Groove-zentrierten Elementen von Electronica, Indie-Pop, Neo-Psychedelia und Prog”, merkte Thom Jurek an, “entgehen aber völlig der ‘Fusion’-Falle, indem sie die verschiedenen Texturen, Einflüsse und Farben zu einer eigenständigen, globalen musikalischen Sprache verweben.” Mit “Little Big III”, dem mittlerweile dritten Studioalbum der Band, ist Aaron Parks nun zu Blue Note zurückgekehrt. Das Album ist nicht nur ein eindrucksvolles Dokument für die kontinuierliche Weiterentwicklung von Parks’ origineller musikalischer Vision, sondern auch für das geradezu symbiotische Zusammenspiel des Pianisten mit dem neuseeländischen Gitarristen Greg Tuohey (seinem Co-Leader bei Little Big) und der absolut phänomenalen Rhythmusgruppe um den Bassisten David Ginyard Jr. und den südkoreanischen Schlagzeuger Jongkuk Kim.
Dass es sich bei “Little Big III” um ein echtes Bandalbum handelt, wird auch dadurch unterstrichen, dass Parks, der anfangs noch alle Stücke selbst geschrieben hat, nun auch seinen Partnern die Möglichkeit gibt, sich als Komponisten einzubringen. Drei der neun Nummern stammen von Gitarrist Greg Tuohey, eine von Bassist David Ginyard Jr. Und auch wenn Jongkuk Kim hier nicht als Songwriter in Erscheinung tritt, prägt er die Musik des Albums nicht minder mit seinem extrem variablen und stets spannenden Schlagzeugspiel. “Auf diesem Album ist es uns gelungen, die Energie der Band auf eine rohere und ehrlichere Weise einzufangen”, meint Aaron Parks. “Wir haben kaum versucht, die perfekte Aufnahme zu machen, sondern uns gesagt: ‘Lasst uns alles ein paar Mal spielen und versuchen, die Stimmung so gut wie möglich einzufangen.’”
“Little Big III” hebt mit “Flyways” gleich in luftige Höhen ab. Der Song ist ein Paradebeispiel für Parks’ Vorliebe, herrlich eingängige Melodien mit pulsierenden Rhythmen zu kombinieren. Das anschließende “Locked Down”, das in der heißen Phase der Corona-Pandemie entstand, ist laut Parks dagegen ein “düsterer Blues”. Er beschwört noch einmal die bleierne Stimmung dieser Zeit herauf, birgt aber auch viel melodische Schönheit. Greg Tuohey hört in dem Stück Anklänge an Paul Bley und Radiohead heraus und charakterisiert es deshalb scherzhaft als “Bleydiohead”. Das leichtfüßig tänzelnde, fröhliche “Sports”, eine der drei Kompositionen des Gitarristen, klingt wiederum wie ein Ohrwurm, den Joe Zawinul für Weather Report oder sein weltmusikalisch orientiertes Zawinul Syndicate geschrieben haben könnte. Ein weiteres Highlight des Albums ist das mit seiner unwiderstehlichen Melodie ähnlich hypnotische, wenn auch dunkler getönte Stück “Delusions”. Ausklingen lässt Parks das rundum wunderbare Album mit einer elegischen Version des Stücks “Ashé”, die bei manchem Hörer Erinnerungen an das europäische Keith Jarrett Quartet der späten 1970er Jahre wecken könnte. Geschrieben hatte Aaron Parks die Nummer 2007 für das mit einem Grammy ausgezeichnete Album “A Tale Of God’s Will (A Requiem For Katrina)” seines Mentors Terence Blanchard.
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