Al Jarreau | Offizielle Biografie

Biografie

Al Jarreau
Al Jarreau
Es gibt Freundschaften, die halten ein Leben lang. So wie jene zwischen dem Sänger Al Jarreau und dem Pianisten George Duke. Zusammen legten die beiden Mitte der 1960er Jahre den Grundstein für ihre Musikkarrieren. Und als George Duke 2013 überraschend verstarb, widmete ihm Al Jarreau im folgenden Jahr gleich das Album “My Old Friend: Celebrating George Duke”, auf dem er mit einem Staraufgebot – u.a. Marcus Miller, Stanley Clarke, Dr. John und Lalah Hathaway – etliche Kompositionen des verstorbenen Freundes neu interpretierte. “…ein von Herzen kommendes Tribute-Album”, hieß es im All Music Guide, “das wie so viele von Jarreaus und Dukes vorangegangenen Alben, frisch, warm und voller Liebe ist.”  Was damals keiner ahnen konnte: es sollte Jarreaus letztes Studioalbum sein. Denn schon am 12. Februar 2017 verabschiedete sich auch Al Jarreau von der Bühne des Lebens. “Al Jarreau war ein Meister der Improvisation, ein liebenswerter Erzähler… immer in der Lage, das Publikum und jeden, mit dem er die Bühne teilte, in Bann zu schlagen,” twitterte Cassandra Wilson, als sie vom Tod ihres großen Kollegen erfuhr. Und George Dukes Kusine Diane Reeves, die auch auf “My Old Friend” zu hören war, postete ein Foto von Jarreau und George Duke und überschrieb es mit den Worten: “Im Himmel steigt heute eine Party!”
Der 1940 in Milwaukee, Wisconsin, geborene Al Jarreau sang als Kind im Chor der Kirche, der sein Vater als Vikar vorstand. Und obwohl er sich von klein auf mit Musik beschäftigte, studierte er doch Psychologie. Nach Ableistung seines Militärdienstes zog er von Milwaukee nach San Francisco um, wo er zunächst tagsüber als Sozialarbeiter und Bewährungshelfer arbeitete, während er abends an Jamsessions in Jazzclubs teilnahm. Dabei lernte er 1965 den jungen George Duke kennen, der sich mit Auftritten im Half Note gerade einen Namen zu machen begann. Eines Sonntags stieg Jarreau einfach zu ihm auf die Bühne und begeisterte den Clubbesitzer mit seinem Auftritt so sehr, dass dieser ihn sofort fragte, ob er nicht regelmäßig mit dem George Duke Trio auftreten wolle. “Wir spielten in diesem Club drei Jahre lang zusammen, bis er 1968 schloss”, erinnerte sich Jarreau später. “Danach gingen George und ich eigene Wege. Aber diese drei Jahre waren für uns von ganz besonderer Bedeutung.”
Zur selben Zeit, als er in San Francisco mit George Duke zusammenarbeitete, machte Al Jarreau auch eine erste Studioaufnahme mit einem anderen Trio, die ab Mitte der 1980er unter diversen Titeln (u.a. “My Favorite Things”) und gegen den Willen des Künstlers veröffentlicht wurde. 1975 entdeckten ihn dann endlich Talentscouts des Labels Warner Bros. Records und nahmen den mittlerweile schon 35-jährigen Sänger unter Vertrag. Obwohl die beiden ersten Alben – “We Got By” und “Glow” – in den USA hervorragende Kritiken erhielten, gelang ihm der Durchbruch zuerst in Europa, wo er 1977 mit einer Tournee und einem längeren Gastspiel im Hamburger Club Onkel Pö für Furore sorgte. Im Rahmen dieser Tournee wurde das Live-Album “Look To The Rainbow” aufgezeichnet, das Jarreau 1978 seinen ersten Grammy einbrachte. Den zweiten erhielt er ein Jahr später – ebenfalls in der Jazz-Kategorie – für “All Fly Home”. Mit “This Time” eroberte er 1980 dann erstmals die Spitze der Jazz-Charts von Billboard, bevor er sich mit dem zweifachen Grammy-Album “Breakin’ Away” schließlich auch als Pop-Künstler etablierte. Seine Bekanntheit erhöhte er noch mehr, als er 1987 den Titelsong für die beliebte Fernsehserie “Moonlighting” (“Das Model und der Schnüffler”, mit Bruce Willis und Cybill Shepherd in den Hauptrollen) einsang.
In den 1990er Jahren sank Jarreaus Stern trotz der durchaus guten Alben “Heaven And Earth” (1992) und “Tenderness” (1994) ein wenig. Der Sänger trennte sich von seinem langjährigen Label Warner Bros. und konzentrierte sich in den folgenden sechs Jahren auf Live-Auftritte. Dann tat er sich wieder mit dem Produzenten Tommy LiPuma zusammen, unter dessen Regie er einst u.a. “We Got By” eingespielt hatte. Die erneuerte Partnerschaft brachte eine Reihe erfolgreicher Aufnahmen für das Label Verve hervor: “Tomorrow Today” (2000), “All I Got” (2002) und das sehr jazzbetonte Album “Accentuate The Positive” (2004). 2006 entstand in Zusammenarbeit mit dem Gitarristen George Benson für Concord Records noch das Album “Givin’ It Up”, das wieder einmal mit zwei Grammys ausgezeichnet wurde.
Live-Alben hatten in Jarreaus Karriere immer eine besondere Rolle gespielt. Das letzte hatte er 1994 mit “Tenderness” vorgelegt. Seitdem wartete die weltweite Gemeinde der Al-Jarreau-Fans sehnsüchtig auf ein neues Live-Album ihres Stars. Mit “Al Jarreau And The Metropole Orkest – Live” wurde dieser Wunsch 2012 endlich erfüllt. Und in was für einer Weise. Auf dem Programm standen neue Versionen von alten Erfolgsnummern wie “Água de beber”, “Spain”, “We’re In This Love Together” und “After All”, aber auch Remakes von Stücken, die er erst in den letzten zehn Jahren aufgenommen hatte: wie etwa Eddie Harris’ “Cold Duck”, Russell Ferrantes “Scootcha-Booty”, Freddie Ravels “Jacaranda Bougainvillea” oder “Something You Said”, Jarreaus Version des Weather-Report-Klassikers “A Remark You Made”. 2014 folgte schließlich noch “My Old Friend: Celebrating George Duke”.
Schon bevor er seine beiden letzten Album einspielen konnte, kämpfte Jarreau mit zunehmenden gesundheitlichen Problemen. Wegen schwerer Atemprobleme und Herzrhythmusstörungen musste er 2010 ein Konzert in Südfrankreich absagen und einige Tage auf einer Intensivstation in Marseille verbringen. Zwei Jahre später zog ihn – wieder bei einer Tournee durch Frankreich – eine Lungenentzündung aus dem Verkehr. In Deutschland konnte man sechsfachen Grammy-Gewinner zuletzt im Herbst 2016 bei Auftritten mit der NDR-Bigband live erleben. Schon da musste Al Jarreau die Bühne, so das Hamburger Abendblatt, “an einer Krücke und auf einen Begleiter gestützt” betreten. Im Juli 2017 wollte er mit demselben Ensemble bei zwei Konzerten in Oldenburg und Karlsruhe sein “Duke Ellington Songbook” präsentieren. Doch Anfang 2017 wurde der Sänger mit akuten Erschöpfungserscheinungen in ein Krankenhaus in Los Angeles eingeliefert. Laut einer Mitteilung seines Managements ging es ihm kurz danach schon wieder besser. Allerdings schien fragwürdig, ob er je wieder zum Singen auf die Bühne zurückkehren könnte. Am 12. Februar 2017 ging dann die traurige Nachricht von Al Jarreaus Tod um die Welt. Der einzigartige Sänger war genau einen Monat vor seinem 77. Geburtstag verstorben.
 Stand: Juli 2017