Die Musikwelt hat ein neues Gitarrenphänomen. Es heißt Andreas Varady und stellt sich nun auf seinem internationalen Debütalbum vor, bei dem ihm niemand Geringerer als Quincy Jones als Executive Producer zur Seite stand. Der gebürtige Ungar, Spross einer Roma-Familie, spielt trotz seiner 17 Jahre mit schier unglaublicher Finesse und beeindruckendem Selbstvertrauen. Mit erstaunlicher Mühelosigkeit vereint Varady in seinem virtuosen Spiel die vollendete Technik Wes Montgomerys mit der gefühlvollen Intonation George Bensons und dem Gypsy-Swing Django Reinhardts. Aber er kopiert diese großen Vorbilder, die er durch die Plattensammlung seiner Eltern kennenlernte, nicht, sondern greift ihr musikalisches Erbe auf, um es aus einer frischen Perspektive zu betrachten und in neue Richtungen weiterzuführen.
“Ich wußte immer, dass ich ein bisschen anders war als andere Leute”, sagt Varady, der heute mit seiner Familie im irischen Limerick lebt. “Ich will damit nicht sagen, dass ich besser war, aber eben ein bisschen anders. Als ich zwölf Jahre alt war, interessierten sich meine Klassenkameraden für ganz gewöhnliche Dinge, während ich auf ziemlich ausgefallene Dinge stand.”
Das Magazin Guitar Player brachte den Teenager schon 2012 auf sein Cover und urteilte damals: “Super swingend und seelenvoll… er spielt fanatsievolle Single-Note- und Akkordmelodien, die er mit freien, kantigen Läufen aufbricht.” Im Sommer desselben Jahres trat Varady beim Montreux Jazz Festival vor dem mittlerweile verstorbenen Claude Nobs und Quincy Jones auf. Der weltberühmte Produzent nahm ihn danach sofort als Protégé unter seine Fittiche. “Andreas ist ein wirklich kompletter Musiker”, meint Jones. “Er ist ein 360-Grad-Musiker, dem man anmerkt, dass er sämtliche Genres kennt und mag – von Jazz und Hip-Hop bis Rock und Pop.”
“Seit ich Quincy kennengelernt habe, hat sich mir eine ganz neue Welt aufgetan”, erzählt Varady.
“Er strahlt diese ungeheure positive Energie aus, und wenn ich mit Leuten bei meinem Label Verve spreche, dann habe ich den Eindruck, dass sie dieselbe positive Energie haben. Durch die Zusammenarbeit mit ihnen habe ich so viel gelernt.”
David Foster, der Präsident der Verve Music Group, ist von der Zusammenarbeit mit Varady ebenso begeistert: “Es gibt da draußen eine Menge junger Nachwuchstalente, aber Andreas unterscheidet sich von ihnen durch seine atemberaubende Reife. Er denkt wie ein erfahrener Profi, der schon seit 40 Jahren im Geschäft ist. Doch zur gleichen Zeit bringt er auch eine erfrischende Jugendlichkeit in die Musik ein.”
Das Repertoire von Varadys Debütalbum ist von wirklich schillernder Vielfalt: es enthält Jazzstandards (Django Reinhardts “Nuages” und “Swing 42”), Rockklassiker (“Come Together” von den Beatles), Popnummern (u.a. Steely Dans “Do It Again” und Michael Jacksons “Human Nature”) und natürlich auch Eigenkompositionen des Gitarristen. Produziert wurden einzelne Tracks von Toto-Keyboarder David Paich, Jay Oliver oder dem schwedischen Trio Dirty Loops, das Varady bei der Einspielung des Justin-Bieber-Hits “Baby” begleitete. Bei den restlichen Tracks stehen dem jungen Protagonisten jede Menge “erfahrene Füchse” zur Seite: darunter die Keyboarder Greg Phillinganes und Steve Porcaro, Gitarristen Steve Lukather, die Bassisten Brian Bromberg und Nathan East, die Schlagzeuger Harvey Mason und Dave Weckl sowie Perkussionist Paulinho da Costa. Einige Stücke veredeln als Gäste zudem Größen wie Sänger Gregory Porter (“Let The Good Times Roll”), Flügelhornist Roy Hargrove (“Secret Garden”) oder Vokalistin Nikki Yanofsky (“Don’t Stop The Music”). Außerdem lud Andreas Varady zu den Sessons eine junge Instrumentalkollegin ein: die in Deutschland aufgewachsene Kroatin Aleks Sever.
“Alles, was ich höre, beeinflusst mich”, meint Andreas Varady. “Ich mag die Musik von AC/DC, aber wegen der coolen Akkorde und Loops auch Old-School-Hip-Hop. Ich finde in jeder Art von Musik Dinge, die ich meinem eigenen Vokabular einverleiben kann. Dadurch erweitert man seinen Horizont und auch seine eigene Musik.”
Andreas Varady entstammt einer weit zurückreichenden Linie von Roma-Musikern. Einen besonderen Einfluss übte auf ihn natürlich sein Vater Bandi aus, der ebenfalls Gitarrist ist (während Andreas’ Mutter und Schwester singen und sein Bruder Schlagzeug spielt). Unter der Anleitung seines Vaters begann Andreas mit vier Jahren Gitarre zu spielen. Damals lebte er mit seiner Familie noch in der Slowakei. Fünf Jahre später zog man nach Limerick in Irland, wo Andreas an der Seite seines Vaters Erfahrungen als Straßenmusiker sammelte. Bei einem Jazz-Workshop in Limerick vertiefte er sich nicht nur in die Musik von Legenden wie Miles Davis und John Coltrane, sondern lernte auch die zeitgenössischeren Klänge von Leuten wie Kurt Rosenwinkel kennen. Über den Videokanal YouTube kam er später in Kontakt mit dem nordirischen Schlagzeuger David Lyttle, der auf seinem Label Lyte Records 2010 Varadys erstes Album “Questions” herausbrachte und dem hochtalentierten Gitarristen Auftrittsmöglichkeiten bei europäischen Jazzfestivals erschloss.
Nun, mit einem aufregenden neuen Album im Gepäck und einem internationalen Label im Rücken, plant Andreas Varady für den kommenden Sommer seine erste Welttournee.
Februar 2015