Das Leben ist ein Karneval – neues Album von Angélique Kidjo
Für ihr Album “Celia” verpflanzt Angélique Kidjo einige der populärsten Stücke der Salsa-Königin Celia Cruz mitten ins Herz von Afrika.
CeliaLaurent Seroussi
18.04.2019
“Sie besaß eine gewaltige, raue und sexy Altstimme, die ihrer Musik ein einzigartiges Feuer verlieh”, schrieb der britische Independent 2003 in seinem Nachruf auf Celia Cruz. “Ihre Shows gerieten zu legendären Happenings: berauschende Musik- und Tanzfeste, die oft über drei Stunden dauerten.” Mit einer ähnlichen Stimme und Energie ist auch die aus dem westafrikanischen Benin stammende Angélique Kidjo gesegnet. Im Laufe ihrer Karriere hat Kidjo auf ihren Alben schon des Öfteren den afrikanischen Wurzeln in der Musik des amerikanischen Doppelkontinents nachgespürt.
Zuletzt überraschte sie ihre Fans mit einer erfrischend elektrifizierenden Neuinterpretation des kultigen Talking-Heads-Albums “Remain In Light”, die in der US-Presse u.a. als “visionär” (NPR Music) und “atemberaubend” (Rolling Stone) gefeiert wurde. Auf “Celia” zollt Angélique nun einer der ganz großen Stil-Ikonen des 20. Jahrhunderts Tribut: der afrokubanischen Sängerin Celia Cruz. Kidjo hatte sie ein paar Mal live erlebt und in ihrer Stimme die Struktur der von den Yoruba gespielten Trommeln mitschwingen hören. Um diese afrikanischen Wurzeln von Celias Musik klarer freizulegen, verzichtete Kidjo bei ihren Interpretationen auf all den Glitter und Glamour, für den die Salsa-Königin auch bekannt gewesen war.
Die Idee zu dieser Hommage hatte Kidjo, als sie 2016 von den Machern des Sommerfestivals “Celebrate Brooklyn” gebeten wurde, ein neues Projekt auf die Beine zu stellen. Mit dem afrokubanischen Perkussionisten, Sänger und Songwriter Pedrito Martinez organisierte sie ein Konzert zu Ehren von Celia Cruz, mit dem sie danach auch auf Tournee durch Nordamerika und Europa ging. Um das Projekt auch in ein Album zu verwandeln, holte Angélique den aus Martinique stammenden Multiinstrumentalisten und Arrangeur David Donatien an Bord, der in Frankreich schon mit Stars wie Yaël Naïm, Bernard Lavilliers und Sally Nyolo gearbeitet hat.
“Ich wollte ein originelles Projekt schaffen, das sich von den üblichen Mysterien der Salsa unterscheiden sollte”, erklärt Donatien. “Also habe ich die Lieder von Celia nach Afrika verpflanzt. Dem ersten Titel, ‘Quimbara’, verpasste ich gleich eine Art Afrobeat. Und dann wollte ich einen fetten Bläser-Sound. Den lieferten die Musiker der Gangbé Brass Band, mit denen Angélique schon in Benin zusammengearbeitet hatte. Ich schaffte es, die Salsa-Rhythmen über Bord zu werfen und starke Melodien zu finden, denen ich einen anderen Anstrich gab. All diese starken Elemente scharte ich um Angéliques Persönlichkeit.”
“Ich bat David, das Repertoire der fünfziger Jahre zu durchstöbern. Das war eine Epoche, in der Celia sehr tief mit der schwarzen Kultur verbunden war”, erläutert Angélique. “Ich wollte zeigen, wie konstant sie in den verschiedenen Perioden ihres Lebens in Havanna und New York war.” Das Album endet mit einer stilistischen Übung, einer Destillation des Titels “Yemayá”, den Ezequiel Frias Gomez geschrieben hatte, der schwarze Pianist von Celias erste Band La Sonora Mantecera. Angéliques Gesang und Davids Perkussion zollen hier der Meeresgöttin Yemayá Tribut – und die Rhythmen sind der nigerianischen Jùjú-Tradition entlehnt, auf die Fela Kuti aufbaute, als er mit seinem Schlagzeuger Tony Allen den Afrobeat erfand.
Tony Allen ist übrigens auf “Celia” neben der Bassistin Meshell Ndegeocello und den sehr angesagten Musikern von Sons Of Kemet auch als Gast zu hören. Das Album selbst unterstreicht eindrucksvoll, warum Angélique Kidjo vom Time Magazine einst zu “Afrikas führender Diva” gekrönt und vom Guardian zu den 100 inspirierendsten Frauen der Welt gerechnet wurde.