Tanz mit dem Vulkan – großes Medienecho für “Just Coolin’”
Gut 60 Jahre schlummerten die brillanten Hard-Bop-Aufnahmen von “Just Coolin’” in den Archiven. Jetzt begeistert der Blakey-Fund Kritiker und Fans rund um den Globus.
Art BlakeyFrancis Wolff
22.07.2020
Welcher Jazzaficionado hätte sich vor ein paar Jahren wohl träumen lassen, dass der 1967 verstorbene John Coltrane in diesem Millennium mit zwei nacheinander veröffentlichten Alben weltweit in die Charts – und in einigen Ländern sogar in die Top 10 – einziehen würde? Genau das passierte aber, als Impulse! Records 2018 erst das Doppelalbum “Both Directions At Once: The Lost Album” herausbrachte und 2019 “Blue World” nachschob. Beide enthielten verschollene Studioaufnahmen, die über viele Jahrzehnte hinweg aus unerfindlichen Gründen in Archiven Staub angesetzt hatten und dem Publikum vollkommen unbekannt waren.
Mit “Just Coolin’” von Art Blakey & The Jazz Messengers steht es nicht anders: die mitreißende Session war 1959 im legendären Hackensack-Studio von Rudy Van Gelder aufgezeichnet worden und harrte seitdem darauf, das Licht der Welt zu erblicken. Das ist nun endlich geschehen – sozusagen als Nachtrag zur Feier des 100. Geburtstags des am 11. Oktober 1919 geborenen Schlagzeugers. Und die Presse ist wie bei den beiden verschollenen Coltrane-Alben auch hier wieder begeistert.
“Über 60 Jahre sind diese Aufnahmen alt und so frisch, dass sie einen sofort vom Hocker reißen”, meint Mauretta Heinzelmann im NDR, wo “Just Coolin’” zum “Jazzalbum der Woche” gekürt wurde. “Auf diese Wirkung hatte der Schlagzeuger, genannt ‘der Vulkan’, es immer angelegt: Bei den ersten Tönen sollte das Publikum beginnen zu tanzen. Art Blakey & The Jazz Messengers im Blue Note Studio am 8. März 1959 zeigt die Band in ihrer Blütezeit, mit Lee Morgan, Hank Mobley, Bobby Timmons und Jymie Merritt […] In den Soli wirken die Spieler so frei und ausdrucksstark, dass man kaum glauben kann, dass es eine Studiosession ist”.
“Morgan ist bei der ganzen Session, die auch einige erstklassige Soli von Timmons bietet, in bravouröser Form”, befindet New-York-Times-Kritiker Nate Chinen. “Die Chemie dieser nur kurzlebigen Besetzung der Band mit Morgan und Mobley könnte kaum stimmiger sein. Dieses historische Dokument trägt wesentlich zu unserem Verständis von dieser Band bei.”
“Eine unschätzbare Gelegenheit, eine kurzlebige, aber bedeutsame Inkarnation eines der berühmtesten Ensembles des Jazz zu hören”, heißt es in der JazzTimes. “Diese sechs Stücke kommen in einem hippen, wiegenden Gang daher und schreiten an der Verbindungslinie zwischen Hard-Bop und Soul-Jazz entlang.”
“Eine mitreißende Studiosession von 1959”, urteilte das britische Magazin Uncut. “Jede Gelegenheit, mehr von dem außerordentlichen Lee Morgan zu hören, ist begrüßenswert.” Begeisterung herrschte auch bei den Kollegen von Mojo, die schrieben: “Das hohe Energieniveau lässt nie nach, was dieses ‘verlorene’ Album zu einem inspirierenden Fundstück macht.” Und für den US-amerikanischen Rolling Stone ist “Just Coolin’” schon jetzt “eine der herausragenden Archivveröffentlichungen des Jahres”.