Auf Streife im Netz: Adel verpflichtet – Eindrücke einer ungewöhnlichen Freundschaft
In der Arte-Doku “Monk & Pannonica” geht es um die alles andere als alltägliche Beziehung zwischen dem Jazzpianisten Thelonious Monk und seiner Förderin Pannonica de Koenigswarter.
Arte - Thelonious Monk & Pannonica: Eine amerikanische Geschichte
14.04.2023
Als die britischen Baronin Pannonica de Koenigswarter, eine gebürtige Rothschild, 1952 ihren Mann verließ und nach New York ging, konnte sie bereits auf einen atemberaubend schillernden Lebenslauf zurückblicken. Vorausgegangen war dem Umzug eine eher zufällige Begegnung mit Thelonious Monk in Paris. Bei ihr entdeckte die jazzbegeisterte Baronin eine neue Bestimmung, die einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Entwicklung der modernen Jazzszene haben sollte. In New York schwang sich die vermögende Nica, wie sie von ihren Freunden genannt wurde, nämlich im Nu zu einer Art Schutzheiligen und Mäzenin schwarzer Jazzmusiker auf. Dies in einer Zeit, als in den USA allenthalben noch Rassentrennung und -diskriminierung herrschten und eine solche Beziehung als ungeheuer anstößig galt. Zu den vielen Musikern, die ihr aus Dankbarkeit und Freundschaft Kompositionen widmeten, gehörten Horace Silver (“Nica’s Dream”), Kenny Dorham (“Tonica”), Sonny Clark (“Nica”), Gigi Gryce (“Nica’s Tempo”), Kenny Drew (“Blues For Nica”) und natürlich Thelonious Monk mit “Pannonica”.
Mit Monk unterhielt Nica über 30 Jahre hinweg bis zum Tod des Musikers eine ganz besonders intensive Freundschaft. Und die ist Gegenstand der wunderbaren Arte-Dokumentation “Monk & Pannonica” von Jacques Goldstein, die zudem ein Licht auf das lange Zeit verkannte musikalische Genie des Pianisten und Komponisten wirft. Mit kurzen musikalischen Solobeiträgen und erhellenden Kommentarenmelden sich in rund 55 kurzweiligen Minuten Musiker zu Wort, die teils noch mit Monk selbst gespielt hatten und/oder von ihm stark beeinflusst wurden, namentlich Wadada Leo Smith, Archie Shepp, David Amram, William Parker, Matthew Shipp, Jackie McLean, Ava Mendoza, Curtis Fowlkes und Roy Nathanson. Besonders interessante Einblicke liefern der französische Monk-Biograph und Jazzpianist Laurent de Wilde sowie vor allem T.S. Monk, der Schlagzeug spielende Sohn von Thelonious.
Garniert ist die Dokumentation nicht zuletzt mit zahlreichen Filmaufnahmen, die Monk auf der Bühne in Aktion zeigen, sowie mit Bildern aus dem lange Zeit verschollenen privaten Fotoalbum von Pannonica. Die “Bebop Baroness” schoss nicht nur sehr intime Polaroid-Fotos von all den befreundeten Jazzmusikern, die bei ihr besonders in den aufwühlenden 1960er Jahren ein- und ausgingen, sondern bat sie auch alle darum, eine simple Frage zu beantworten: “Hättest du drei Wünsche frei, die sofort wahr würden, welche wären das?” Die abwechselnd klugen, witzigen, philosophischen oder provokanten Antworten wurden auf Zetteln festgehalten, die sie in dem Album neben die Fotos klebte. Und wie einzelne Teile eines Puzzles fügen sich diese kurzen Antworten zu einem größeren Bild der Jazzszene und der Gesellschaft jener Zeit zusammen.