Totgesagte leben länger. Als die CD Ende der 1980er Jahren ihren Siegzug bei Musikkonsumenten begann und die Vinyl-Verkäufe immer mehr in den Keller gingen, stimmten viele schon Schwanengesänge auf das jahrzehntelang dominierende Tonträgerformat an. Doch das Vinyl überlebte allen Erwartungen zum Trotz in einem Nischenmarkt und fand vor allem unter DJs und Audiophilen noch treue Anhänger. Dann setzte 2007 plötzlich eine Trendumkehr ein und der Vinyl-Absatz überrascht seitdem Jahr für Jahr mit zweistelligen Wachstumsraten. Nun wurden nicht mehr länger nur ausgefallene Spezialitäten auf Vinyl veröffentlicht, auch etliche Klassiker erlebten in diesem Format Wiederauferstehung. Etwa in der Reihe “Back To Black” von Universal Music. Zum 60-jährigen Jubiläum des Verve-Labels gibt es hier nun eine Neuauflage von drei zeitlosen Alben als 180gr-Pressungen mit Downloadcodes: “Smokin’ At The Half Note” von Gitarrist Wes Montgomery mit dem Wynton Kelly Trio, “Root Down” von Hammond-Urgestein Jimmy Smith und das ungewöhnliche Album “Conversations With Myself” von Pianist Bill Evans.
Wes Montgomery & Wynton Kelly Trio – Smokin’ At The Half Note
Pat Metheny sagte einmal, dass er durch Wes Montgomerys “Smokin’ At The Half Note” zum Gitarrespielen fand. Und das Montgomery-Solo in “If You Could See Me Now” bezeichnet er als sein absolutes Lieblingsolo. Das 1965 entstandene Album gilt als eine der besten Aufnahmen des Gitarristen, da er inspiriert vom Wynton Kelly Trio (das zwischen 1959 und 1963 die Rhythmusgruppe von Miles Davis gewesen war) seinem improvisatorischen Talent freien Lauf ließ. Tatsächlich wurden nur die ersten beiden Nummern des Albums wirklich live im Half Note mitgeschnitten, während die restlich drei Tracks später im Studio von Rudy Van Gelder aufgnommen wurden.
Jimmy Smith – Root Down
1972, als die ganz große Zeit von Jimmy Smith schon vorbeigewesen zu sein schien, meldete sich das Urgestein der Hammond-Orgel mit dem Live-Album “Root Down” plötzlich fauchend zurück. Inspiriert von einer jungen Rock- und Funk-orientierten Band (mit Jackson 5-Gitarrist Arthur Adams, Crusaders-Bassist Wilton Felder und Frank Zappa/Steely Dan-Schlagzeuger Paul Humphrey) groovte Smith besser und wilder denn je. Die sensationelle Titelnummer wurde 1994 sogar von den Beastie Boys für ihr gleichnamiges Stück auf dem Album “Ill Communication” gesamplet.
Bill Evans – Converations With Myself
Im Zusammenspiel mit Bassist Scott LaFaro und Schlagzeuger Paul Motian setzte Pianist Bill Evans zwischen 1959 und 1961 neue Maßstäbe für das Format des Piano-Trios. Mit einem Trio-Album ganz anderer Art überraschte er die Jazzwelt dann 1963. Denn “Conversations With Myself” hatte er – der Titel verrät es schon – im Overdub-Verfahren eingespielt. Sozusagen im Trio mit sich selbst. Die anfängliche Skepsis ob dieser damals ungewöhnlichen Methode wich schnell großer Begeisterung. Kritiker Doyen Leonard Feather honorierte die Kühnheit des Pianisten in seiner Down-Beat-Rezension mit der Höchstwertung von fünf Sternen. Darüber hinaus erhielt Evans für das Werk seinen ersten von insgesamt fünf Grammys.