Kaum hatte Don Was im Januar 2012 seinen neuen Job als Präsident von Blue Note angetreten, startete er gemeinsam mit dem Mastering-Experte Alan Yoshida eine Mammutaufgabe: für eine Vinyl-Neuedition 100 essentielle Jazzalben (historische ebenso wie jüngere) aus dem Katalog des Labels herauszufiltern und nach bestimmten Kriterien neu zu mastern. “Wir haben sorgfältigst darauf hingearbeitet, das Feeling der ursprünglichen Pressungen wieder einzufangen”, betont Don Was. “Dabei aber trotzdem den Vorteil genutzt, dass man bei hochauflösenden HD-Mastern heute mehr Transparenz erzielen kann.” Nun werden anlässlich von Blue Notes 75-jährigem Jubiläum monatlich je fünf dieser Alben auf 180 Gramm schwerem, audiophilem Vinyl wiederveröffentlicht.
Herbie Hancock – Maiden Voyage
Das Titelstück dieses 1965 entstandenen Albums gehört neben “Cantaloupe Island”, “Watermelon Man” und “Chameleon” zu den bekanntesten Kompositionen Herbie Hancocks. Der Pianist war noch keine 25 Jahre alt, als er das Album aufnahm, und spielte seit zwei Jahren in der Band von Miles Davis, von dem er sich für diese Session auch Bassist Ron Carter und Schlagzeuger Tony Williams “auslieh”. Hancocks Quintett (komplettiert durch Trompeter Freddie Hubbard und Tenorsaxophonist George Coleman) fand hier zu einer perfekten Balance zwischen eingängig-lyrischem Jazz und risikofreudigem Hardbop. Das Album wurde 1999 mit einem Grammy Hall of Fame Award ausgezeichnet.
The Ornette Coleman Trio At The Golden Circle Stockholm Vol. 1
Nachdem Ornette Coleman Anfang der 1960er sein bahnbrechendes Quartett mit Don Cherry, Charlie Haden und Billy Higgins aufgelöst hatte, gründete er ein Trio mit Bassist David Izenzon und Schlagzeuger Charles Moffett. Auf Platten präsentierte sich das Ensemble zunächst mal verstärkt durch ein Streicherquartet, mal durch Pharoah Sanders und ein Orchester. Im reinen Trio-Format entstand 1965 dieses Blue-Note-Debüt.
Coleman ist hier erstmals nicht nur als Altsaxophonist zu hören, sondern auch als Trompeter und Violinist. Der Penguin Guide to Jazz gab dem Album die Höchstwertung und zählt es zu den wichtigsten Aufnahmen des Jazz überhaupt.
Sonny Rollins – A Night At The Village Vanguard Vol. 1
Sonny Rollins mag vielleicht nicht der “Erfinder” des pianolosen Trios gewesen sein, aber kein anderer Saxophonist reizte diese Format so erfolgreich aus wie er. “A Night At The Village Vanguard Vol. 1” nahm er 1957 mit zwei verschiedenen Besetzungen auf: das erste Set spielte er mit Bassist Don Bailey und Schlagzeuger Pete LaRoca ein, das zweite mit Wilbur Ware und Elvin Jones. Obwohl das Repertoire aus populären Jazzstandards wie “Old Devil Moon”, “Softly As In A Morning Sunrise”, “Sonnymoon For Two”, “A Night In Tunisia” und “I Can’t Get Started” besteht, versteht es Sonny die bestens bekannten Nummern mit Witz und Verve originell neu zu gestalten. “Wirklich magisch”, wie der All Music Guide befand.
Cannonball Adderley – Somethin’ Else
Als Mitglied von Miles Davis’ modalem Sextett war der Altsaxophonist Cannonball Adderley in den späten 1950er Jahren an der Einspielung von epochalen Klassikern wie “Milestones”, “Porgy And Bess” und “Kind Of Blue” beteiligt. Nebenher fand er aber auch Gelegenheit, Alben unter eigenem Namen aufzunehmen. Aus diesen ragte das Hardbop-Juwel “Somethin’ Else” heraus, 1958 mit Miles Davis, Hank Jones, Sam Jones und Art Blakey eingespielt. Das Album dokumentiert übrigens eine der wenigen Blue-Note-Sessions, an denen Miles teilnahm.
Dexter Gordon – Our Man In Paris
Tenorsaxophonist Dexter Gordon gehörte zur Phalanx der hochkarätigen US-amerikanischen Jazzmusiker, die sich in den 1960er Jahren in Paris niedergelassen hatten. Mit zwei weiteren von ihnen – Pianist Bud Powell und Schlagzeuger Kenny Clarke - sowie dem französischen Bassisten Pierre Michelot nahm er dort 1963 “Our Man In Paris” auf. Neben absoluten Bebop-Klassikern wie Charlie Parkers “Scrapple From The Apple” und Dizzy Gillespies “A Night In Tunisia” interpretierte Gordon auch Pop-Balladen wie “Willow Weep For Me” und “Stairway To The Star”.