Das Jahr von Blue Notes 75. Jubiläum ist zwar schon ausgeklungen, aber die Reihe “Back To Blue”, in der insgesamt 100 essentielle Jazzalben aus dem Katalog des Labels auf Vinyl wiederveröffentlicht werden, wird wie versprochen fortgesetzt. Jeden Monat erscheinen einige Alben auf 180 Gramm schwerem, audiophilem Vinyl; vorwiegend historische Aufnahmen, aber auch ein paar jüngere Werke, die sich noch auf dem Weg befinden, zu Klassikern zu reifen. Diesmal stehen Art Blakeys “A Night At Birdland, Vol. 1”, Bobby Hutchersons “Components”, Grant Greens “I Want To Hold Your Hand”, Lee Morgans “Search For The New Land”, Medeski Martin & Woods “End Of The World Party (Just In Case)” auf dem Programm.
Art Blakey Quintet – A Night At Birdland, Vol 1
Seit “A Night At Birdland” 2013 von der Library of Congress in ihre National Recording Registry aufgenommen wurde, ist die “kulturelle, historische und ästhetische Bedeutung” dieses Albums hochoffiziell.
Blakeys 1954 mit Clifford Brown, Lou Donaldson, Horace Silver und Curley Russell eingespielter Blue-Note-Klassiker hat diese Auszeichnung in der Tat verdient. Das Album enthält brillante Aufnahmen von Dizzy Gillespies “A Night In Tunisia” sowie den drei Silver-Kompositionen “Split Kick”, “Quicksilver” und “Mayreh”. Und auch die Band-Ankündigung von Pee Wee Marquette, die US3 beinahe 40 Jahre später für ihren Club-Hit “Cantaloop (Flip Fantasia)” sampleten.
Bobby Hutcherson – Components
Erst 24 Jahre alt war Vibraphonist Bobby Hutcherson, als er 1965 sein ambitioniertes drittes Soloalbum für Blue Note aufnahm. Während er auf der ersten Seite im Hardbop-Stil gehaltene eigene Stücke präsentierte, war die zweite Seite sehr viel freier angelegten Kompositionen des Schlagzeugers Joe Chambers vorbehalten. Hutcherson und seine Partner (neben Chambers Altsaxophonist/Flötist James Spaulding, Trompeter Freddie Hubbard, Pianist Herbie Hancock und Bassist Ron Carter) meisterten den stilistischen Spagat mit Bravour. Der All Music Guide gab dem Album fünf Sterne und schrieb: “‘Components’ verdeutlicht, dass Hutcherson nicht nur der abenteuerlustigste Vibraphonist auf der Szene war, sondern dass er auch geradlinigere Musik mit Intelligenz und Feeling spielen konnte.”
Grant Green – I Want To Hold Your Hand
Der 1979 im Alter von nur 43 Jahren verstorbene Grant Green gilt als “einer der großen unbesungenen Helden der Jazzgitarre”. Eines seiner brillantesten Alben war 1965 “I Want To Hold Your Hand”. Dessen Repertoire, bestehend aus ein paar gut abgehangenen Jazzstandards, einer damals fast schon obligatorischen Jobim-Bossa und dem titelgebenden Beatles-Hit, wirkt auf den ersten Blick nicht sonderlich originell. Doch was Green mit seinen eingespielten Trio-Partnern (Organist Larry Young und Schlagzeuger Elvin Jones) sowie Gastsaxophonist Hank Mobley aus diesen Nummern herauskitzelte, ist schlicht atemberaubend. Ein exzellenter Beleg dafür, dass nicht wichtig ist, was man spielt, sondern wie man es spielt.
Lee Morgan – Search For The New Land
Mit dem Soul-Jazz-Album “The Sidwinder” landete Lee Morgan 1964 einen unerwarteten Riesen-Hit. Noch bevor dieses Album veröffentlicht wurde, kehrte der Trompeter aber schon ins Studio zurück, um mit Tenorsaxophonist Wayne Shorter, Pianist Herbie Hancock, Gitarrist Grant Green, Bassist Reggie Workman und Schlagzeuger Billy Higgins (aus heutiger Sicht eine absolute All-Star-Band) ein Album mit abstrakteren Eigenkompositionen aufzunehmen: “Search For The New Land”. Als es 1966, zwei Jahre nach seiner Einspielung, endlich erschien, schaffte es – zur allgemeinen Verwunderung – den Sprung in die Popalbum-Charts.
Medeski Martin & Wood – End Of The World Party (Just In Case)
Betont groovy und funky, ein wenig verschroben, oft aberwitzig und immer improvisationsfreudig – so lässt sich die Musik umschreiben, mit der das Jam-Trio Medeski Martin & Wood in den 1990ern Jahren die Szene eroberte und eine schier unglaubliche Popularität erlangte. Ihr vielleicht eingängigstes und poppigstes Album nahmen MMW 2004 unter der Ägide des Produzenten und Toningenieurs John King (Dust Brothers, Beck, Beastie Boys) für Blue Note auf. Für die Einspielung von “End Of The World Party” hatte sich das Trio außerdem exzellente Verstärkung geholt:den Gitarristen Marc Ribot und die beiden Sex-Mob-Bläser Steve Bernstein (Zugtrompete) und Briggan Krauss (Saxophon).