Die Jazz-Vinyl-Welle rollt! Nicht nur wird das
75. Blue-Note-Labeljubiläum mit insgesamt 100 remasterten Blue-Note-LPs gefeiert, die derzeit in monatlichen 5er-Staffeln erscheinen, auch das diesjährige 65. Jubiläum des nicht minder produktiven und kaum weniger bedeutenden Prestige-Labels wird mit Vinyl gefeiert. Zum Geburtstag erscheinen dieses Jahr insgesamt 16 der historisch wichtigsten Prestige-LPs innerhalb der
BACK-TO-BLACK-Serie, das heißt in hochwertigem 180gr-Vinyl gepresst und mit Download-Gutschein. Noch originaler geht es also kaum. Es sei denn, Sie haben das notwendige Glück und “Kleingeld”, Originalpressungen dieser Alben auf einem echten oder virtuellen Flohmarkt aufzustöbern. Aber seien Sie gewarnt: Die Chancen, dass Ihnen dies gelingt, sind nicht allzu üppig. Denn es handelt sich durch die Bank um sehr gefragte Jazzklassiker, von denen sich diejenigen, die sie in gutem Zustand besitzen, selten preiswert trennen mögen.
Mose Allison Sings: The Seventh Son
Als der in Mississippi geborene
Mose Allison 1956 nach New York kam, nahm er für
Prestige Records sechs unvergessliche Alben auf, die ihn vor allem als Pianisten featureten. Nur bei wenigen Songs trat er auch als Sänger in Erscheinung. Doch gerade mit seiner verschmitzten, bodenständigen Stimme und den humorvoll-cleveren Texten seiner eigenen Stücke erzielte Allison beim Publikum die größte Wirkung. Für
“Mose Allison Sings” wurden 1963 all seine für Prestige aufgenommenen Gesangsnummern zusammengetragen. Das Album genoss schnell den Ruf, eine definitive Kollektion von Mose-Allison-Aufnahmen zu sein. Und daran hat sich auch nach über 50 Jahren nichts geändert.
Eric Dolphy – At The Five Spot, Vol. 1
Nach seinem Ausstieg bei Mingus und einem Zwischenspiel mit Coltrane unterhielt der Multiinstrumentalist Eric Dolphy ein leider nur kurzlebiges Quintett mit dem jungen, vielversprechenden Trompeter Booker Little, Pianist Mal Waldron, Bassist Richard Davis und Schlagzeuger Ed Blackwell. Dieses Album enthält das erste von insgesamt drei Sets, die das Quintett im Juli 1961 im Five Spot spielte. Nur wenige Monate später – im Oktober 1961 – sollte der erst 23-jährige Little, der bereits als der neue Trompetenstar gefeiert wurde, sterben.
Sonny Rollins – Plus Four
Dass dieses Album unter dem Namen von
Sonny Rollins veröffentlicht wurde, mag einzig daran liegen, dass er zwei eigene Kompositionen (“
Pent-Up House” & “
Valse Hot”) zum Repertoire beisteuerte. Denn eigentlich ist hier das damals umjubelte
Clifford Brown/
Max Roach Quintet zu hören. Es war die letzte komplette Aufnahmesession des Ensembles mit Pianist
Richie Powell und Trompeter Clifford Brown. Drei Monate später kamen die beiden aufstrebenden Talente bei einem Autounfall ums Leben
John Coltrane – Dakar
Als dieses Album 1957 erstmals erschien, geschah das noch unter dem Namen der
Prestige All Stars und trug den Titel “
Baritones And French Horns”. Der Name
John Coltranes stand auf dem Cover nur im Kleingedruckten, da die “
Baritones”-Session
Pepper Adams und
Cecil Payne featurete. Erst nachdem Coltrane in den frühen 1960ern größere Bekanntheit erlangt hatte, wurden die Aufnahmen flugs unter seinem Namen wiedereröffentlicht. Dieser kleine Etikettenschwindel ändert aber nichts an der Tatsache, dass “
Dakar” ein absolut brillantes Album ist, das den Tenorsaxophonisten in einem nicht alltäglichen Kontext präsentiert.
Eddie “Lockjaw” Davis – The Eddie “Lockjaw” Davis Cookbook, Vol. 1
Kochbücher waren schon lange vor
Jamie Oliver und
Nigella Lawson populär. Etwa die drei, die der Tenorsaxophonist
Eddie “Lockjaw” Davis Ende der 1950er mit Unterstützung von
Shirley Scott und Flötist/Tenorsaxophonist
Jerome Richardson herausbrachte. Scott, die sich bis dahin einen Namen als Pianistin gemacht hatte, wechselte unter dem Einfluss von Davis für diese “
Cookbook”-Sessions zur Hammond-Orgel. Schon bald danach konnte sie sich mit einem neuen Titel zieren: “
The Queen of the Organ”.
Roy Haynes, Phineas Newbown, Paul Chambers – We Three
“
We Three” war 1958 das erste Studioalbum, das der Schlagzeuger
Roy Haynes (heute mit seinen 89 Jahren eine lebende Legende des Jazz) in den USA unter eigenem Namen eingespielt hatte. In Pianist
Phineas Newborn und Bassist
Paul Chambers hatte er wirklich kongeniale Spielpartner gefunden. Originalität bewies das Trio bei der Zusammennstellung des Repertoires, dessen bekannteste Nummer
Tadd Damerons “
Our Delight” war.
Jackie McLean – 4, 5 And 6
Als Altsaxophonist
Jackie McLean 1956 für Prestige “
4, 5 And 6” aufnahm, stand er noch ganz am Anfang seiner Solokarriere. Der große Durchbruch sollte ihm erst in den 1960er mit seinen Blue-Note-Alben gelingen. Doch die Sessions für “4, 5 And 6” lieferten schon einen exzellenten Vorgeschmack auf McLeans spätere Blue-Note-Klassiker. Nicht zuletzt deshalb, weil er hier auch mit dem Trompeter
Donald Byrd zusammenarbeitet, mit dem er später wieder bei Blue Note spielte. Komplettiert wird die Besetzung durch Tenorsaxophonist
Hank Mobley, Pianist
Mal Waldron, Bassist
Doug Watkins und Drummer
Art Taylor.
Oliver Nelson – Screamin' The Blues
Auf dem Album “
Screamin' The Blues” kam es 1960 zu einer überraschend fruchtbaren Begegnung zwischen zwei im Grunde sehr verschiedenen Saxophonisten:
Oliver Nelson und
Eric Dolphy. Es ist absolut spannend zu verfolgen, wie sie sich hier gegenseitig kreativ die Bälle zuspielen. Eine umso bemerkenswertere Leistung, da das Repertoire nicht aus sattsam bekannten Standards bestand, sondern aus fünf Originalen von
Oliver Nelson und einer Nummer von Produzent
Esmond Edwards.