Erst stutzt man ein wenig, aber dann – nach ein paar Takten mehr – setzt die Erkenntnis ein: Marius Reksjø und Erik Holm haben ihre Beady-Belle-Partnerin Beate S. Lech nicht etwa heimlich gegen eine andere Sängerin ausgetauscht. Sondern die Norwegerin ist stimmlich seit der Aufnahme des letzten Albums “Belvedere” erstaunlich weitergereift. Sie klingt zielstrebiger, kraftvoller, erdiger und verführerischer – aber sie hat sich zugleich ihren ursprünglichen Charme bewahrt. Stilistisch offenbaren Beady Belle auf ihrem fünften Album “At Welding Bridge” jede Menge neuer Facetten. Angedeutet hatten sie einige davon zwar schon 2008 auf dem Vorgängeralbum, aber so richtig auf den Punkt gebracht wird vieles erst jetzt.
Um es gleich zu sagen: Obgleich die abwechslungsreichen Arrangements auch immer wieder Raum für ein jazziges Solo und für Improvisationen lassen – “At Welding Bridge” ist mit Abstand das poppigste aller Beady-Belle-Alben geworden. Der moderne Country-Sound aus Nashville, die schon die Songs von “Belvedere” geprägt hatte, hinterlässt auch auf “At Welding Bridge” deutliche Spuren. Doch das Country-Music-Flair der neuen Stücke wird immer wieder geschickt durch andere Elemente gebrochen oder bereichert. Mal sind es deftige Tex-Mex-Einlagen, dann eine Portion eleganter Soul oder Funk im Stil der 1970er Jahre, ein wenig afro-kubanische Perkussion oder atmosphärische Dub-Reggae-Passagen. Im einen Moment werden Erinnerungen an die frühen Aufnahmen von Steely Dan wach, dann meint man die dengelnde Baritongitarre von Marc Ribot zu vernehmen oder wähnt sich plötzlich in einem Spaghetti-Western-Soundtrack von Ennio Morricone. So steckt das Album trotz der wunderbar eingängigen Songs voller Überraschungen. Und Beate S. Lech bewegt sich mit ihrer gereiften Stimme vollkommen souverän durch das bunte musikalische Szenario.
Im November werden Beady Belle “At Welding Bridge” bei drei Konzerten in Deutschland live vorstellen: Am 3. November gastieren sie im Kölner Stadtgarten, am 4. November im Stuttgarter BIX und am 6. November in der Zeche Carl in Essen. Auf der Bühne begleitet werden Beate S. Lech, Bassist Marius Reksjø und Schlagzeuger Erik Holm bei dieser Gelegenheit wieder von Keyboarder Jørn Øien, der bereits seit geraumer Zeit mit Beady Belle spielt, sowie dem Gitarristen Tommy Kristiansen.