Kein anderer Jazzsänger hat in den letzten 30 Jahren für soviel Furore gesorgt wie
Bobby McFerrin. Dabei hätte der Sohn des Opernsängers Robert McFerrin die Gesangskarriere beinahe gar nicht eingeschlagen. Zu groß war anfangs der Druck, aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Der war als erster schwarzer Sänger 1955 an der Metropolitan Opera aufgetreten und lieh drei Jahre später dem Schauspieler Sidney Poitier bei der Hollywood-Verfilmung der Gershwin-Oper “Porgy And Bess” seine Gesangsstimme. Um als Sänger ein eigenes Profil zu gewinnen, brauchte Bobby McFerrin deshalb eine zündende Idee, und die lieferten ihm die Soloalben des Pianisten Keith Jarrett. Was Jarrett als Pianosolist geleistet hatte, wollte McFerrin als Vokalsolist schaffen. Der Rest ist Musikgeschichte. Jetzt widmet Bobby McFerrin seinem 2006 gestorbenen Vater sein
neues Album “VOCAbuLarieS”, in das er zusammen mit dem Arrangeur Roger Treece und der Produzentin Linda Goldstein über sieben Jahre intensive Arbeit gesteckt hat.
“Mein Vater war der Überzeugung, dass man selbst sein Instrument ist”, erzählt der zehnfache Grammy-Gewinner, “dass dein Körper dein Instrument ist, dass dein Verstand dein Instrument ist, dass dein Geist ein wichtiger Bestandteil deines Instruments ist.” Diese Überzeugungen hat sich der Junior zueigen gemacht und im wahrsten Sinne der Worte in die Tat umgesetzt. Denn wenn Bobby McFerrin Musik macht, nutzt er nicht nur seine Stimmbänder, sondern setzt seinen ganzen Körper, seinen Verstand und seinen Geist als Instrument ein.
Auf
“VOCAbuLarieS” wird der Sänger, der notfalls ein ganzes Orchester im Alleingang verkörpern kann, von einem einzigartigen Chor unterstützt, dessen Sänger einzeln oder in kleinen Gruppen aufgenommen wurden. Aus über 1400 Gesangsspuren entstand ein virtueller Chor, der McFerrin bei seinem abenteuerlichen Streifzug durch ein stilistisches Spektrum begleitet, das Jazz, Klassik, Musik aus Afrika, Lateinamerika und Indien ebenso umfasst wie Rhythm’n'Blues, Gospel und Pop. “Ich wollte mir zunutze machen, wie Bobby Ideen und Klänge aus aller Welt aufgreift und sie zu einer neuen Musiksprache verschmilzt”, erläutert Linda Goldstein. Das Ergebnis ist ein babylonisches Klangwunderwerk, bei dem McFerrin und seine Partner (darunter Janis Siegel von Manhattan Transfer, Lisa Fischer, Luciana Souza sowie Mitglieder der New York Voices und von McFerrins Voicestra) Texte singen, die eine melodische Collage aus einer verwirrenden Vielfalt von Sprachen sind.
“Ich hatte mir vorgenommen, jedes Stück mit einer Menge von Drehungen und Wendungen und Modulationen aufzubauen. Die Kompositionen sollten einem spannenden Buch oder Film gleichen und den Hörer bis zum Schluss fesseln”, verrät der Arrangeur Roger Treece. “Aber ich wollte auch Bobbys lockerer, leichtfüßigen Art zu singen und seiner Verspieltheit gerecht werden. Was schließlich dabei herauskam, war durchkomponierte Musik, die dennoch Groove hat.”
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