Origineller und vor allem persönlicher kann man einen Konzertabend schwerlich gestalten. Als Chick Corea sich 2011 auf Solo-Tournee befand, hatte er eine bestechenden Idee: Warum nicht aus dem Stegreif heraus einmal musikalische Porträts von Mitgliedern des jeweilgen Publikums anfertigen? Nun findet man diese zehn “Portraits” auf dem gleichnamigen Doppelalbum Seite an Seite mit ebenso spannenden musikalischen Widmungen an Coreas Jazzvorbilder Thelonious Monk, Bill Evans und Bud Powell, Stevie Wonder und Paco de Lucía, die klassischen Komponisten Béla Bartók und Alexander Scriabin sowie seinem eigenen, immens populären “Children’s Song”-Zyklus.
“Wir stellten einen Stuhl neben das Klavier und ließen Freiwillige auf die Bühne kommen, die nicht wussten, was sie erwartete”, erläutert Chick sein ungewöhnliches Vorgehen. “Ich sah mir an, wie sie sich bewegten, wie sie gekleidet waren, etcetera und fragte sie nach ihren Namen. Dann versuchte ich diese Personen in einem improvisierten Solo zu charakterisieren.” Auch sonst interagierte Corea bei seinen Auftritten in Krakau, Casablanca, Vilnius und Easton/Maryland viel mit dem Publikum und moderierte die einzelnen Stücke beredt an. Die beiden CDs von “Portraits” sprechen Bände über den Phantasiereichtum des Protagonisten und seine einzigartige Fähigkeit, ad hoc neue Kompositionen zu kreieren. Und in ihrer Gesamtheit fügen sich schließlich all diese Porträts und Widmungen auch zu einem künstlerischen Selbstporträt eines der größten Pianisten des Jazz zusammen