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Ray Charles & The Count Basie Orchestra – Ray Sings, Basie Swings

18.10.2006
1960 hatte der Keyboarder und Sänger Ray Charles, auch bekannt als The Genius, gemeinsam mit dem Count Basie Orchestra ein Album mit dem Titel “Genius + Soul = Jazz” eingespielt. Es enthielt fast ausschließlich Instrumentalversionen von Jazzstandards und bedauerlicherweise kaum Gesangsnummern aus Rays eigenem Rhythm’n'Blues-Repertoire. Nun ist es – dank modernster Technik und einer gehörigen Portion Chuzpe – zu einem posthumen Aufeinandertreffen von Ray Charles und dem aktuellen Count Basie Orchestra gekommen. Das Album trägt den Titel “Ray Sings, Basie Swings”.
Die Idee zu diesem abenteuerlichen Experiment kam dem Produzenten John Burk Ende letzten Jahres, als er in den Archiven von Concord Records Tonbänder von einem Ray-Charles-Konzert aus den 70er Jahren entdeckte. Leider besaß der Live-Mitschnitt einen erheblichen Makel: Während Rays Stimme auf den Tonbändern klar und deutlich herüberkam, konnte man die Begleitband im Hintergrund fast nur erahnen. Burk hatte daraufhin die Idee, die gut erhaltene Tonspur mit der Stimme zu überspielen und den Part des Orchesters vom heutigen Count Basie Orchestra unter der Leitung von Bill Hughes neu einspielen zu lassen. Das Ergebnis liegt nun auf dem sensationellen Album “Ray Sings, Basie Swings” vor. Die Arrangements schrieben Koryphäen wie Quincy Jones und John Clayton, und die Band wurde zusätzlich durch die Raelettes sowie Solisten wie Joey DeFrancesco und John Chiodini verstärkt. Die beiden verstorbenen Genies, deren Namen das Cover zieren, hätten an dieser ebenso fulminanten wie ungewöhnlichen Wiederbelebung der alten Aufnahmen sicher ihr helle Freude gehabt.

John Burk, der 2004 bereits das mit acht Grammys ausgezeichnete Album “Genius Loves Company” produziert hatte, stieß auf die verschollenen Tonbänder, die schlicht mit “Ray/Basie” beschriftet waren, als er Ende 2005 in den Concord-Archiven in Berkley/Kalifonien herumstöberte. Detaillierte Informationen zu den in den 70er Jahren entstandenen Aufnahmen fand er dabei leider nicht, aber mitgeschnitten hatte sie offenbar der legendäre Impresario, Verve-Gründer und Produzent Norman Granz.

“Die Qualität der Bänder war leider nicht so toll”, erinnert sich Burk. “Ich hatte den Eindruck, daß die Live-Aufnahmen über das Mischpult mitgeschnitten worden waren. Rays Stimme war sehr klar und deutlich im Vordergrund zu hören, die Band im Hintergrund aber fast nur zu erahnen. Mein erster Befund war, daß die Tapes eigentlich nicht zu gebrauchen waren – doch Ray klang einfach umwerfend gut.” Weitere Nachforschungen brachten dann an den Tag, daß Ray – anders als die Aufschrift auf den Tapes suggerierte – in Wirklichkeit mit seiner eigenen Band aufgetreten war und das Basie-Orchester vor ihm gespielt hatte. “Ich war ziemlich enttäuscht, daß Ray nicht mit der Basie-Band aufgetreten war. Aber dann kam mir die Idee, daß man die Musik ja mit dem aktuellen Basie-Orchester neu einspielen könnte.”

“Ray Sings, Basie Swings” ermöglicht Musikfans nun das einmalige Erlebnis, die Soul-Legende Ray Charles im Zenit seines Könnens und mit der Unterstützung einer der besten und swingendsten Bigbands der Gegenwart zu hören. “Das Resultat ist ein wundervolles, authentisches und unersetzliches Stück Musik”, schwärmt Burk. “Diese Tonbänder haben nur darauf gewartet, daß die moderne Studiotechnik es endlich möglich machen würde, Ray bei dem zu helfen, was er auf so natürliche Weise immer tat: seine Magie walten zu lassen.”

Joe Adams, der langjährige Manager von Ray Charles, nennt die Entdeckung dieser verschollenen Tonbänder “außerordentlich” und fügt hinzu: “Ray hatte unglaublichen Respekt vor Basie und sagte oft, daß er den Wunsch hatte, ein Aufnahmeprojekt mit ihm zu machen. Durch die Wunder der modernen Aufnahmetechnik konnten wir Rays unerfüllt gebliebenen Wunsch nun endlich in die Tat umsetzen. So fantastisch wie hier habe ich ihn selten singen gehört.”

Tatsächlich bietet “Ray Sings, Basie Swings” superbe Interpretationen von Klassikern wie “Georgia On My Mind”, “I Can’t Stop Loving You”, “Busted”, “How Long Has This Been Going On?”, “Let The Good Times Roll”, “Crying Time”, “Feel So Bad”, “Look What They’ve Done To My Song”, “The Long And Winding Road”, “Oh, What A Beautiful Morning” und “Every Saturday Night”. Obwohl Ray Charles den letztgenannten Titel sehr oft bei seinen Konzerten sang, hatte er ihn nie für ein Album aufgenommen. Nun liegt er glücklicherweise auf “Ray Sings, Basie Swings” endlich vor.

Bei der Überarbeitung der Originaltonbänder stand Burk der vielseitig talentierte Musiker, Produzent und Aufnahmetechniker Gregg Field zur Seite. Field hatte einst als Schlagzeuger und Arrangeur Ray Charles auf Tourneen und bei der Studioarbeit begleitet sowie mit Basies Orchester gespielt (u.a. auf dem 1982 mit einem Grammy ausgezeichneten Pablo-Album “Warm Breeze”). Er war also wie wohl kaum ein anderer mit der Musik der beiden Genies vertraut und darüber hinaus auch noch für sein fabelhaftes Können als Toningenieur bekannt. Bei “Ray Sings, Basie Swings” konnte er all sein Wissen und all seine Talente einbringen. “Gregg arbeitete mit Ray und Basie. Er lebte ihre Musik und ist im Studio einfach brillant. Deshalb war er der perfekte Partner für dieses Projekt”, merkt Burk an.

Field und Burk holten das aktuelle, von dem Posaunisten Bill Hughes geleitete Count Basie Orchestra ins Tonstudio, um den kraftvollen Vocals von Ray Charles eine kongeniale Begleitband zur Seite zu stellen. “Unser Ziel war, eine Aufnahme zu machen, die den typischen Klang des Basie-Orchesters haben sollte, auch wenn dieses hier die Musik von Ray spielen sollte. Darüber hinaus wollten wir, wann immer es möglich war, auch die Basie-Band featuren”, erläutert Field.

Zum Count Basie Orchestra gesellten sich dann noch einige ganz besondere Gäste: Die wunderbare Sängerin Patti Austin fertigte die Vokalarrangements für die neuen Raelettes, denen sie dann auch noch ihre eigene Stimme lieh; als Solisten traten unter anderem der Hammond B−3-Virtuose Joey DeFrancesco und Gitarrist John Chiodini in Erscheinung; und die brillanten Arrangements für das Orchester schrieben Koryphäen wie Quincy Jones, John Clayton, Tom Scott und Larry Muhoberac.

Das ganze Projekt war für Field, Burk, die beteiligten Musiker und Techniker natürlich ein sehr gewagter Drahtseilakt. Die instrumentale Begleitung von Ray Charles' Gesang sollte so nah wie möglich an jener der Originalband sein, ohne forciert zu klingen. “Wir haben sehr hart daran gearbeitet, die künstlerische Integrität aller zu wahren”, meint Field, “und das Resultat ist eine erstaunliche Kombination von Rays Vokalstil und dem typischen Basie-Sound. Ich kann gar nicht sagen, wie oft wir im Studio die Spur mit der Stimme heruntergefahren haben, um an einem Track zu arbeiten. Und wenn wir Rays Gesang dann wieder dazumischten, sträubten sich uns vor Spannung und Aufregung die Nackenhaare.”

Als die Orchesterparts dann zur allgemeinen Zufriedenheit aufgenommen waren, hieß es für Burks und Field alle Möglichkeiten des Pro Tools-Editing auszuschöpfen. Ganz vier Monate dauerte es, bis die Aufnahmen technisch perfekt zurechtgefeilt waren. Und auf das Ergebnis können Burks und Field wahrlich stolz sein. Denn es klingt tatsächlich, als hätten Ray Charles und das Count Basie Orchestra die Aufnahmen gemeinsam im Studio gemacht.
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