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Cyminology – As Ney

Cyminology
CyminologyECM/Arne Reimer
28.01.2009
“As Ney” ist das ECM-Debütalbum einer wirklich einzigartigen Band. Die subtile, dynamische und sanft pulsierende Musik von Cyminology orientiert sich am Klang der persischen Sprache. “Das war für uns der Wendepunkt”, sagt Sängerin Cymin Samawatie. “Erst als ich anfing in Farsi zu singen, begann die Musik der Gruppe eine einheitlichere Linie anzunehmen. Es gibt in ihr zwar immer noch Elemente anderer Musikarten [das Spektrum reicht von kammermusikalischem Jazz und offener Improvisation über moderne Komposition und Kunstsongs bis zu Minimalismus und sogar einem entfernten Hauch von Bossa Nova], aber nachdem wir die persische Lyrik einmal eingebracht hatten, schien sie alles zusammenzufügen. Farsi ist eine sanfte Sprache mit einer sehr eigenen Melodie, die einem ein Gefühl für die Richtung gibt. Und die wechselnden Metren der Poesie beeinflussen den Rhythmus und die Taktvorgabe.”

Cymin Samawatie schreibt den Großteil der Musik der Band sowie auch die Texte, die – der Tradition der persischen Verse folgend – auf verschiedenen Ebenen interpretiert werden können: sind es schlichte Liebesgedichte oder spielen sie auf etwas Höheres, Spirituelles an? Teilweise greift Cymin hier aber auch auf die Worte von Meistern dieser Tradition zurück: bei diesen Aufnahmen etwa auf die Lyrik von Rumi (1207–1273) und Hafiz (ca. 1325–1389). Sie verarbeitete außerdem Verse von Forough Farrokhzad (1935–1967), einer modernistischen iranischen Lyrikerin und Filmregisseurin mit einer starken feministischen Stimme, deren Schrei nach persönlicher Freiheit im Lichte der politischen Entwicklungen der letzten dreißig Jahre eine besondere Schmerzlichkeit erhält. Cymin würde lieber die positiven Aspekte der persischen Kultur betonen, aber in ihrer Heimat könnte sie beispielsweise ihren Beruf – d.h. Sängerin einer Band zu sein – derzeit nicht ausüben.

Als Tochter iranischer Eltern 1976 in Braunschweig geboren, wuchs Cymin zweisprachig und mit zwei Kulturen auf. Die Sommerferien verbrachte sie meist in der Heimat ihrer Eltern. Als Teenager experimentierte sie – stets auf der Suche nach einem eigenen Ausdruck – mit einer ganzen Reihe verschiedener musikalischer Idiome: Mit 13 Jahren leitete sie einen Chor, mit 17 bildete sie mit dem Gitarristen Ralf Schwarz (der heute Bassist von Cyminology ist) ein akustisches Grunge-Duo und sang selbstverfaßte Songs über Entfremdung. Mit 19 Jahren begann sie an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover Klavier, Schlagwerk und Gesang mit Schwerpunkt Klassik zu studieren. Dann wechselte sie nach Berlin, wo sie an der Hochschule der Künste ein Jazzstudium absolvierte. Zu ihren Dozenten gehörten die amerikanischen Jazzveteranen David Friedman und Jerry Granelli. Schlagzeuger Granelli war es auch, der sie dazu ermunterte, mit persischer Lyrik zu improvisieren und diese mit nicht-traditioneller Musik zu vertonen.

Es ist kein Zufall, daß Samawatie das Album mit einer Vertonung von Jalaluddin Rumis “Song Of The Reed-Flute” (“Lied der Schilfrohrflöte”, aus dem 25.700 Verszeilen umfassenden Gedicht “Masnavi”) beginnt. Darin heißt es: “Hör das Lied der Schilfrohrflöte / die ihre Verbannung aus der Heimat beklagt. / ‘Seit ich aus meinem Schilfbett gerissen wurde, / haben meine Klagelaute Männer und Frauen bewegt. / Meine Brust zerbirst, um Seufzern Luft zu machen, / die den Qualen der Sehnsucht Ausdruck verleihen. / Denn ein jeder, der fern der Heimat ist, / Sehnt den Tag herbei, an dem er zurückkehren kann.”

Während Cyminologys Musik noch immer im weitesten Sinne “zeitgenössischer Jazz” ist (schließlich verfügen alle Bandmitglieder über einen Jazz-Background), strebt sie auch Regionen vor, die weit darüber hinaus gehen.
In Berlin, wo “Multikulturalismus” eine alltägliche Realität ist, fanden die Mitglieder von Cymonology zueinander. Pianist Benedikt Jahnel, 1980 in Frankreich geboren, wuchs in der Nähe von München auf und gelangte im Jahr 2000 nach Berlin. Zu seinen Lehrern gehörten John Taylor, Kenny Werner und Richie Beirach. Jahnel begleitete auf Tourneen schon internationale Jazzgrößen wie Charlie Mariano und Phil Woods und ist noch mit drei weiteren Bands ständig aktiv: mit seinem eigenen Benedikt Jahnel Trio, mit dem Quartett max.bab und dem Kaktus 6tett.

Die 2002 gegründete Band Cyminology war das “gemeinsame Kind” von Samawatie und Jahnel, die beide Stücke für deren Repertoire schreiben. “Wenn Benedikt ein Stück für die Band mitbringt, ist es meist bis ins kleinste Detail ‘auskomponiert’”, erzählt Cymin. “Meine Art Songs zu schreiben ist offener, und das Werk ändert sich, wenn wir es spielen. Manchmal spielt Benedikt, was ich geschrieben habe, und manchmal fällt ihm noch etwas viel Schöneres ein, was ich dann natürlich sehr begrüße. Und Ketan, unserem Schlagzeuger, brauche ich nie zu sagen, was er tun soll. Er hat ein großartiges Gehör und reagiert immer sehr phantasievoll.”

Ketan Bhatti, 1981 im indischen New Delhi geboren, wuchs in Bielefeld auf. Als er sieben Jahre alt war, begann er Klavier zu spielen, und seit seinem vierzehnten Lebensjahr ist er nun schon als Schlagzeuger aktiv. Mal spielt er Reggae, mal TripHop, mal Jazz. Neben seiner Tätigkeit als Musiker ist er heute auch Produzent. Für Nuran Callis Theaterstück “Homestories – Geschichten aus der Heimat” am Essener Grillo-Theater und eine Inszenierung des Schiller-Klassikers “Die Räuber” am Wiener Volkstheater produzierte er die Musik. Ketan ist das neueste Mitglied der Band. Er ersetzte 2004 Sebastian Schmidt, den ursprünglichen Schlagzeuger von Cyminology. Ketan bezeichnet sich selbst als einen klangorientierten Schlagzeuger. Und als solcher schenkt er der Bedeutung der Gedichte, die Cymin singt, dieselbe Aufmerksamkeit wie den konzentrierten Interaktionen seiner Mitmusiker.

Wie Cymin wuchs auch Bassist Ralf Schwarz in Braunschweig auf, wo er 1971 geboren wurde. Bevor er vor zehn Jahren zum Kontra- und E-Baß fand, spielte Schwarz schon Orgel und Gitarre. Seinen musikalischen Feinschliff erlangte er durch Privatstunden bei und Workshops unter Ron Carter, Steve Coleman, Mark Dresser, Mark Helias, Richie Beirach und Billy Hart.

So richtig zusammengewachsen ist die Band auf ihren zahlreichen Tourneen. Dafür, daß es eine so junge Band ist, ist Cyminology schon weit herumgekommen: allein im letzten Jahr bereiste man die USA, Ägypten, Jordanien, den Libanon, den Sudan, Syrien und die Vereinigten Arabischen Emirate (die von der Sängerin selbst geschossenen Fotos im Booklet der neuen CD entstanden bei der Tournee durch den Nahen Osten).

Vor “As Ney” veröffentlichte Cyminology bereits die in Eigenproduktion hergestellte CD “Get Strong” (2002), der dann auf dem Label Double Moon Records die Alben “Per Se” (2005) und “Bemun” (2007) folgten.

Das von Manfred Eicher produzierte Album “As Ney” wurde im April und Mai 2008 in Jan Erik Kongshaugs neuem Rainbow Studio in Oslo aufgenommen. Offiziell präsentiert wurde das neue Album bereits am 22. Januar 2009 bei einem Konzert in der Berliner Werkstatt der Kulturen. In den kommenden Wochen wird Cyminology mit dem Programm auf Tournee durch Deutschland und die Schweiz gehen: am 31. Januar tritt die Band im Kunsthaus im schweizerischen Glarus auf, einen Tag später im Moods in Zürich. Danach geht es ab dem 12. Februar mit Konzerten in Deutschland weiter: der Weg führt über Kassel (Schlachthof/12.02.), Essen (Philharmonie/13.02.), Karlsruhe (Tempel/15.02.), Bremen (KITO/19.02.), Hamburg (Birdland/20.02.), Osnabrück (Lagerhalle/22.02.), Nürnberg (Jazzstudio/27.02.), München (Unterfahrt/28.02.), Penzberg (Kulturzeche/01.03), Schloß Elmau (Schloß/03.03.), Fulda (Café Ideal/04.03.) und Stuttgart (Bix/06.03.) nach Köln (Altes Pfandhaus/07.03.).

Weitere Informationen erhält man auf der ECM-Homepage (www.ecmrecords.com) oder Cyminologys eigener Webseite (www.cyminology.de).
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