Zum Verschlafen viel zu schön – Dave Brubecks “Lullabies” sind erschienen
Am 6. Dezember wäre Dave Brubeck 100 Jahre alt geworden. Zum Jubiläum erscheint nun posthum sein ungewöhnliches Soloalbum “Lullabies”, das er drei Jahre vor seinem Tod aufnahm.
Dave Brubeck - Lullabies
06.11.2020
Dass sich jazzige Songs in vertrackten, ungeraden Metren zu Ohrwürmern entwickeln können, hätte sich bis 1959 kaum jemand vorstellen können. Doch dann kam das famose Dave Brubeck Quartet mit seinem Album “Time Out” daher und verblüffte die Musikwelt mit schmissigen Stücken wie “Blue Rondo á la Turk” und vor allem der Hit-Single “Take Five”. “Time Out” selbst verkaufte sich als erstes Jazzalbum überhaupt über eine Millionen Mal. Den sensationellen Erfolg nutze der damals 39-jährige Brubeck in der Folge für viele weitere musikalische Abenteuer, darunter Ausflüge in die Bossa Nova und Klassik, die die Schar seiner Anhänger kontinuierlich anwachsen ließ. Bis ins hohe Alter hinein konnte sich Brubeck, der 2012 genau einen Tag vor seinem 92. Geburtstag verstarb, seine Experimentier- und Spielfreude wahren und von seiner beispiellosen Popularität zehren.
Jetzt, kurz vor dem 100 Geburtstag des Pianisten am 6. Dezember, erscheint endlich ein Album mit seinen allerletzten Studioaufnahmen, die er im März 2010 – gerade einmal 89 Jahre jung – für seine eigenen Enkel gemacht hatte. “Lullabies” ist eine wirklich exquisite Sammlung mit eingängigen Jazzstandards, Traditionals, Kinderliedern, einem Wiegenlied von Johannes Brahms und fünf bislang unbekannten Originalen von Brubeck. Und obwohl diese Soloeinspielungen eigentlich für Kinderohren gedacht waren, schmeicheln sie den Lauschern von erwachsenen Jazzfans nicht weniger.
Echte Brubeck-Kenner dürfte das “kindertaugliche” Repertoire freilich nicht sonderlich überraschen. Schließlich hatte der Pianist mit seinen Söhnen einst schon Musik für ein Peanuts-Fernseh-Special geschrieben und aufgenommen, die 1991 auf dem Album “Quiet As The Moon” erschien. Für “Lullabies” interpretierte er auf einfühlsame und oft swingende Weise Evergreens wie Gershwins “Summertime”, “When It’s Sleepy Time Down South”, “Over The Rainbow” und “Danny Boy”, aber auch seine eigens für dieses Projekt geschriebenen Eigenkompositionen “Going To Sleep”, “Lullaby For Iola”, “Koto Song”, “Softly, William, Softly” und “Briar Bush”.
Zu diesen fünf Originalen merkte Brubeck damals an: “Das sind Stücke, von denen ich dachte, dass sie sowohl Babys als auch älteren Generationen gefallen dürften. Ich hoffe, dass selbst die Kleinsten auf diese Musik ansprechen und dass auch Eltern sowie Großeltern an ihr Freude haben werden.” Außer Frage steht, dass der Einfallsreichtum und die Integrität, die stets die Markenzeichen aller großartiger Brubeck-Aufnahmen waren, auch “Lullabies” unverkennbar geprägt haben.