Was für eine vielseitige Karriere: Dave McMurray wurde als Mitglied der Bands Was (Not Was) und Griot Galaxy, sowie als Sessionmusiker für Bob Dylan (Under the Red Sky, 1990), die Rolling Stones (Voodoo Lounge, 1994), Iggy Pop, Patti Smith, Bootsy Collins u.a. bekannt. Auf seinem musikalisch packenden Blue-Note-Debüt “Music Is Life” zollt der Saxophonist dem Erbe seiner Heimatstadt Detroit eindrucksvoll Tribut.
“Ich kenne Daves Spiel wirklich gut”, sagt Don Was über Dave McMurray. “Er ist kein Blender. Er spielt Licks nie um ihrer selbst willen. Er versucht nicht die Leute zu beeindrucken, weder mit dem, was er alles über Musik weiß, noch mit seinen flinken Fingern. Es geht ihm immer nur um ehrlichen Ausdruck.” Der Erfolgsproduzent und Blue-Note-Präsident weiss genau, wovon er spricht. Schließlich wuchs er zusammen mit McMurray in der engmaschig vernetzten Musikszene von Detroit auf. Mehr noch: seit Anfang der 1980er Jahre hat Don Was mit Dave McMurray in der schrägen Kult-Band Was (Not Was) und bei etlichen anderen Projekten zusammengearbeitet.
Jetzt holte der Produzent den Saxophonisten zu Blue Note und ließ ihm bei der Einspielung von “Music Is Life” vollkommen freie Hand. McMurray nutzte die Chance, um endlich sein wahres Potenzial zu zeigen. Etwas, das ihm auf seinen früheren Soloalben nie so recht geglückt war, da seiner Kreativität dort durch slicke zeitgenössische R&B-Arrangements und stumpfe Computer-Grooves weitgehend die Flügel gestutzt worden waren. Für die Aufnahmen von “Music Is Life” ging er mit den Detroit 3 – dem Bassisten Ibrahim Jones sowie den alternierenden Schlagzeugern Jeff Canady und Ron Otis – ins Studio, die ihm gehörig Dampf machen und McMurray erlauben, seine erstaunliche Vielseitigkeit auszuspielen.
Es ist eine Vielseitigkeit, die McMurray schon im Zusammenspiel mit u.a. B.B. King, den Rolling Stones, Bob Dylan, Iggy Pop, Patti Smith, Bonnie Raitt, Johnny Hallyday, Gladys Knight, Albert King, Nancy Wilson, KEM, Bootsy Collins, Herbie Hancock, Geri Allen und Bob James bewiesen hatte. Auf “Music Is Life” zeigt der Saxophonist, dass er sich in einem Rock-, R&B-, Funk-, Pop- oder Folk-Rahmen genauso sicher und inspiriert zu bewegen versteht wie im Hard-Bop oder modernem groovigem Jazz. “Das Album sollte den Geist einer Funk-Aufnahme haben”, sagt McMurray, erfreut über die Bewegungsfreiheit, die ihm die kleine Besetzung gewährt. “Ich kann bei diesen Liedern eng an der Melodie bleiben oder mich in eine beliebige Richtung bewegen.” Bestes Beispiel dafür ist das lebhafte Titelstück “Music Is Life (Live It)”. Das Repertoire besteht aus neun ungemein starken Originalen und brillanten Coverversionen von drei überraschenden Songs: “Seven Nation Army” von den White Stripes, “Atomic Dog” von George Clinton und “Que je t’aime” von Johnny Hallyday.
Seinen satten Sound auf dem Saxophon und seinen improvisatorischen Ansatz führt McMurray darauf zurück, dass er in Detroit aufwuchs. “Wenn ich Instrumentalisten aus Detroit spielen höre, kommt es mir immer vor, als würden sie singen. Ganz gleich, ob es Yusef Lateef, James Carter oder Kenny Garrett ist. All diese Saxophonisten verfügen auch über eine unglaubliche Technik. Aber ich denke, dass sie das Publikum vor allem durch diese gesangliche Qualität ihres Spiels erreichen.”
Es steht außer Frage, dass Dave McMurray das gewaltige Musikerbe Detroits bestens verinnerlicht hat und auf ihm aufbaut. Dieses Erbe reicht vom Motown-Sound und P-Funk über Rock-Acts wie die Stooges und MC5 sowie die Elektronik-Pioniere Carl Craig, Moodymann und Theo Parrish bis zu den Hip-Hop-Ikonen J Dilla, Eminem und Slum Village. Und schließt natürlich auch Jazzkünstler wie Elvin Jones, Betty Carter, Milt Jackson, Regina Carter und Geri Allen ein. Gelegentlich blitzt in den Aufnahmen von “Music Is Life” sogar McMurrays Avantgarde-Vergangenheit mit der Band Griot Galaxy auf, die in den 1980ern Detroits schillernde Antwort auf Sun Ra und das Art Ensemble of Chicago war.