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David Virelles – Mbókò: Afrokubanische Ritualmusik des 21. Jahrhunderts

Auf seinem ECM-Debütalbum “Mbókò” gewährt Pianist David Virelles einem Einblicke in die mysteriöse Subkultur des afrokubanischen Abakuá-Geheimbundes.
David Virelles
David Virelles© John Rogers / ECM Records
08.10.2014
Afrokubanische Rhythmen üben auf Jazzmusiker seit jeher eine besondere Faszination aus. Bereits Jazzpioniere der ersten Stunde (etwa Scott Joplin, Buddy Bolden und W.C. Handy) versahen einige ihre Kompositionen mit Habanera-Rhythmen. Später entfachten Mario Bauzá und Machito unter Jazzmusikern das Mambo-Fieber, bevor Dizzy Gillespie, Charlie Parker und Chano Pozo den Cubop kreierten. Seitdem befruchten sich afrokubanische Musik und Jazz gegenseitig. Doch bis heute umweht die Musik und Rhythmen von Kuba aufgrund der afrokubanischen Religionen und Rituale, von denen sie nicht trennbar sind, etwas Geheimnsvolles. Und genau hier setzt der kubanische Pianist und Komponist David Virelles, der mittlerweile in New York lebt, auf seinem spannenden ECM-Debütalbum “Mbókò” an. “Mbókò” steht in der Sprache des afrokubanischen Abakuá-Geheimbunds für “die Stimme eines göttlichen Geistes”.  Die Tatsache, dass in der Abakuá-Kultur selbst Klänge verehrt werden, spiegelt sich auch deutlich in Virelles’ Kompositionen für “Mbókò” wider. Der Pianist nahm die traditionellen Rhythmen religiöser afrokubanischer Rituale als Basis für seine Musik des 21. Jahrhunderts, ohne sie der Mystik zu berauben, die sie umgibt.
Das Album weist schon im Untertitel “Sacred Music for Piano, Two Basses, Drum Set and Biankoméko Abakuá” auf die ritualistische Bedeutung der zehn Kompositionen hin. Begleitet wird David Virelles von den beiden Bassisten Thomas Morgan und Robert Hurst, dem Schlagzeuger Marcus Gilmore und dem Perkussionisten Román Díaz, dessen vier Biankoméko-Trommeln in diesem Rahmen eine essenzielle Bedeutung zukommt.

“Ein solches Album wäre ohne Románs Beitrag nicht möglich gewesen”, meint Virelles. “Nicht nur wegen seines musikalischen Könnens, sondern auch weil er diese kulturelle Tradition repräsentiert. Román ist ein Meister der größten Biankoméko-Trommel, die Bonkó Enchemiyá heißt und zum Improvisieren genutzt wird. Auf ‘Mbókò’ ist es nicht die menschliche Stimme die Geschichten erzählt, sondern die Bonkó Enchemiyá. Sie tut dies in einer Sprache, die weit in der Geschichte zurückverfolgt werden kann.” Die Musik, die David Virelles hier mit seinen Mitspielern kreiert, ist zugleich sehr alt und modern, gemeinschaftlich und persönlich, meditativ und treibend. Und sie zieht einen unweigerlich in ihren Bann.