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Dee Dee Bridgewater – Live In Antibes – Juan-Les-Pins

04.01.2006
Konzertmitschnitte wie “Live In Montreux” (1990) und “Live At Yoshi’s” (1998) zählten immer schon zu den Highlights in der Diskographie der ebenso dynamischen wie charismatischen Sängerin Dee Dee Bridgewater. Mit der DVD “Live In Antibes – Juan-les-Pins”, die Dee Dees Festivalauftritt vom 18. Juli 2005 im südfranzösischen Juan-les-Pins dokumentiert, legt sie nun ein neues Live-Meisterwerk mit den Songs von ihrem letzten Album “J’ai Deux Amours” vor.
Dem französischen Publikum war das Repertoire, das Dee Dee bei diesem Konzert bot, bestens bekannt, handelte es sich dabei doch um so großartige Chanson-Klassiker wie “Ne me quitte pas”, “Et maintenant” und “La vie en rose”, die durch die Interpretationen von Jacques Brel, Gilbert Becaud und Edith Piaf für immer musikalischen Gedächtnis der Grand Nation verankert sein werden. Die mutig neu arrangierten sowie mit Drive und Herz vorgetragenen Interpretationen Dee Dee Bridgewaters rissen das Publikum – das nonchalant über kleine Diktionsschwächen der Amerikanerin hinwegsah – zu wahren Begeisterungsstürmen hin.

“J’ai Deux Amours” war ein Projekt, das beinahe zehn Jahre brauchte, um heranzureifen. Es ist ein leidenschaftlicher Song-Zyklus, der die Geschichte einer Liebesaffäre (im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne) und all die damit verbundenen Emotionen nachzeichnet. Ein Projekt, das Bridgewater wirklich am Herzen lag. Die elf ausgewählten Stücke, die allesamt auf wunderbare Weise für Bridgewaters großartigen Stimmumfang, ihre Ausdruckskraft und ihren scharfen Witz maßgeschneidert scheinen, reflektieren verschiedene Epochen in der Geschichte der französischen Musik.

Das Konzept für “J’ai Deux Amours” begann schon Mitte der 90er Gestalt anzunehmen, als Dee Dee noch ihren festen Wohnsitz in Paris hatte. “Mein Aufenthalt in Frankreich war (und ist weiterhin) eine heilsame Zeit, eine Zeit, in der ich als Frau und Künstlerin wachse und in der ich den Rest der Welt entdecke”, erzählt Bridgewater. “Als ich begann, mich nach Songs umzusehen und die dazugehörigen Notenblätter aufzustöbern, fügten sich die Einzelteile zu einer Geschichte zusammen, die unverkennbar sowohl mein Privatleben als auch meine Liebe zu Frankreich und dem französischen Volk widerspiegelte.”

Mit Ausnahme von “Girl Talk” waren sämtliche Songs von “J’ai Deux Amours” französischen Ursprungs, und die meisten von ihnen waren auch in ihrer englischen Variante Hits. “J’ai deux amours” und “La vie en rose” auszuwählen war ein absolutes Muß, weil die beiden Lieder Paris und Frankreich symbolisieren – das erste Stück assoziiert man mit der legendären Chanteuse Josephine Baker, einer weiblichen Ikone der Afroamerikaner, und das andere mit Edith Piaf, für die Bridgewater ebenfalls große Bewunderung hegt. “La belle vie” ist sowohl eine Verbeugung vor dem Komponisten Sacha Distel (der am 23. Juli 2004 verstarb) als auch vor Betty Carter, die dieses Lied unter dem englischsprachigen Titel “The Good Life” in ihrem Repertoire hatte und zu den großen Vorbildern von Dee Dee zählt. “Dansez sur moi”, die französische Version von “Girl Talk”, stammt von dem ebenfalls in letzten Jahr (am 4. März 2004) gestorbenen Sänger und Poeten Claude Nougaro, mit dem Dee Dee Bridgewater in den 90er Jahren mehrfach im französischen Fernsehen auftrat. “Avec le temps”, komponiert von Léo Ferré, wurde zwar nie in englischer Sprache aufgenommen, ist aber im Original ein absoluter Klassiker.

Der Zufall wollte es, daß Bridgewater vorletztes Jahr vom renommierten Kennedy Center in Washington eingeladen wurde, zwei ganz besondere Valentintagskonzerte zu geben: Im Rahmen einer französischen Kulturwoche sollten auch “Les chansons françaises” gewürdigt werden. Dafür brauchte die Sängerin aber zum einen eine passende Band und zum anderen das richtige Material, das sie zudem noch in Französisch einstudieren mußte.

“Ich wollte eine akustische Band, aber nicht in der traditionellen Besetzung mit Piano, Baß und Schlagzeug”, verrät Dee Dee Bridgewater. “Mir schwebten Gitarre, Baß, Percussion und ein Knopfakkordeon vor. Die Besetzung für die ersten drei Instrumente zu finden, war einfach, weil die perfekten Musiker schon in meiner Band spielten: Louis Winsberg, Ira Coleman und Minino Garay. Seit der Zusammenarbeit bei der Einspielung von ‘This Is New’ (2002) hatte sich zwischen uns eine tolle musikalische Beziehung entwickelt. Das Problem war der Akkordeonspieler. Die Lösung fand mein Ehemann [Jean-Marie Durand], der mir Marc Berthoumieux vorstellte.”

Danach machte sich die Sängerin mit Daniel Richard von der französischen Jazzabteilung von Universal Music auf die Suche nach adäquaten Songs, die eine leicht wiedererkennbare Melodie haben sollten, weil Dee Dee vorhatte, das Repertoire größtenteils in Französisch vorzutragen. Die Musiker reisten am 11. Februar 2004 nach Washington, um sich dort mit Dee Dee Bridgewater zu treffen und innerhalb von nur zweieinhalb Tagen die Arrangements auszuarbeiten und das Material einzuüben. Die Sängerin mußte sich zudem noch daran gewöhnen, in Französisch zu singen. Obwohl die Künstlerin selbst mit einem gewissen Schauder an die beiden Konzerte zurückdenkt (weil es nicht ganz so gelaufen war, wie es ihr vorgeschwebt hatte), war die Reaktion des Publikums schlichtweg überwältigend. Im Publikum wurden nicht wenige Stimmen laut, die eine Aufnahme dieser Musik forderten. Sechs Monate später ging die Sängerin, nun wesentlich besser ihrer neuen Rolle als “französische Chanteuse” gewachsen, tatsächlich ins Aufnahmestudio, um dort “J’ai Deux Amours” einzuspielen.

In dem rund 140minütigen Konzert, das für die DVD “Live In Antibes – Juan-les-Pins” komplett aufgezeichnet wurde, trug Dee Dee Bridgewater zwar dasselbe Repertoire wie auf der CD “J’ai Deux Amours” vor, konnte den Stücken auf der Bühne aber teilweise überraschend neue Gestalt geben. Das Highlight des Abends war zweifellos Dee Dees umwerfende Darbietung von dem Neal-Hefty-Song “Girl Talk”, den sie sowohl mit dem französischen Text von Claude Nougaro als auch mit dem englischen Originaltext von Bobby Troup vortrug, bevor sie zu einer, wie sie es nennt, “hip-hop freestyle”-Interpretation des Stücks überging. Neben der Besetzung, die auch schon das Album “J’ai Deux Amours” mit Dee Dee Bridgewater eingespielt hatte, traten in Juan-les-Pins außerdem der junge Patrick Manouguian als zweiter Gitarrist und bei einigen Stücken das von dem Argentinier Minino Garay geleitete Percussion-Ensemble Les Tambours du Sud auf die Bühne. Als Bonus gibt es auf der DVD noch die 26minütige Dokumentation “Ladee Dee”, in der Dee Dee Bridgewater u.a. von ihren Begegnungen mit Ray Charles und Miles Davis berichtet und die Stationen ihrer Karriere Revue passieren.
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