Dass
Dominic Millers “
Silent Light” ein so internationales Flair ausstrahlt, sollte einen nicht wundern. Geboren wurde der Gitarrist als Sohn eines US-Amerikaners und einer Irin in Argentinien, wuchs ab seinem zehnten Lebensjahr aber in den Staaten auf und studierte dann an der renommierten Guildhall School of Music in London. Mittlerweile lebt der musikalische Globetrotter, der auch Stunden bei der brasilianischen Gitarren-Legende
Sebastião Tapajós nahm, in Frankreich. “Silent Light” reflektiert all diese Lebensstationen Dominic Millers: In Stücken wie “
Baden” (ein Tribut an den brasilianischen Gitarristen und Komponisten
Baden Powell) gibt es starke lateinamerikanische Einflüsse, während “
Le Pont” die Pariser Luft des frühen 20. Jahrhunderts zu atmen scheint, “
Valium” an keltische Stücke im Stil von
Bert Jansch erinnert und “
Fields Of Gold” eine gedämpfte Instrumentalversion von einer der bekanntesten
Sting-Balladen ist. In dessen Band ist Miller seit über 20 Jahren nicht nur Gitarrist, sondern auch des Leaders rechte Hand.
Gemeinsam schrieben sie zudem den Welthit “Shape Of My Heart”. Darüber hinaus arbeitete Miller mit den Chieftains, Plácido Domingo und Paul Simon zusammen. Letzterer lobt Miller im Booklet von “Silent Light” für seinen “wunderbaren Anschlag hat, der mit Aromen von Jazz und englischer Folkmusik gewürzt ist”.
In seinen eigenen Anmerkungen im Booklet erinnert sich Miller, wie er sich mit seinem Produzenten Manfred Eicher über zwei ECM-Künstler unterhielt, die ihn musikalisch entscheidend beeinflusst haben: Egberto Gismonti und Pat Metheny. An dem einen fasziniert ihn, wie er seinen “ungeschliffenen” Ansatz mit “klassischen Obertönen” zu kombinieren versteht, an dem anderen die eher “Groove-orientierten” Stimmungen und das “Americana-Feeling” seiner Musik. An Methenys akustische Ausflüge erinnern auf “Silent Lights” Stücke wie “Angels” und “Tisane”, während die Duo-Nummern mit dem Perkussionisten Miles Bould von dem Album “Duas Vozes” inspiriert zu sein scheinen, das Gismonti einst mit dem vor kurzem verstorbenen Naná Vasconcelos aufnahm. Bei Stücken wie dem synkopierten “Baden”, dem nachdenklichen Opener “What You Didn’t Say”, dem stimmungsvollen “Water” und dem nach einem Schachzug betitelten “En Passant” komplementiert Bould Millers Gitarre mit subtilen Rhythmen und Texturen. Grooviger wird es in “Chaos Theory”, dem einzigen Stück des ansonsten live im Studio aufgenommenen Albums, bei dem Miller mit Overdubs (einer zweiten Gitarre und des Basses) arbeitet, während Bould Schlagzeug spielt. “Wir haben uns einfach in der Art, wie es die brasilianische Band Azymuth tun würde, mit dem Beat vergnügt”, verrät Miller. Die Gitarrensolostücke sind wiederum überwiegend gedämpft und intim. Auf die kompositorische Handschrift des Gitarristen hat natürlich auch die lange, intensive Zusammenarbeit mit Sting abgefärbt. “Ich versuche mit meiner Instrumentalmusik, die ich wie Songs behandle und arrangiere, eine ähnliche Narrative zu erschaffen, mit Strophen, Refrains und Überleitungen”, sagt Miller. “Wenn Dominic Gitarre spielt”, meldet sich Sting höchstpersönlich zu Wort, “erschafft er Farben, ein komplettes Spektrum an Emotionen, eine klangliche Architektur, die sowohl auf Stille als auch auf Echo aufbaut. Er hebt die Stimmung in andere Höhen.”
Betitelt ist das Album nach dem gleichnamigen Film des mexikanischen Regisseurs Carlos Reygadas, dessen Arbeit auch ein Katalysator für die Aura von Einfachheit, Klarheit und Reinheit war, die dieses Album umgibt. “Seine Verwendung von Stille, Licht und Raum hat mich fasziniert”, erläutert der Gitarrist. “Manchmal verstreichen Minuten ohne Bewegung oder Dialog, was ich sehr mutig und inspirierend fand.”