Enrico Rava | News | Enrico Rava interpretiert Michael Jackson: Ein wirklicher Thriller!

Enrico Rava interpretiert Michael Jackson: Ein wirklicher Thriller!

In seiner gesamten ECM-Karriere hatte Enrico Rava noch nie ein reines Coveralbum aufgenommen. Nun hat er dies getan und verblüfft mit seiner Wahl: Denn auf “Rava On The Dance Floor” widmet sich der Trompeter den Hits des King of Pop.
Enrico Rava
Enrico Rava© ECM Records
23.08.2012
Seit er 1972 mit “Il Giro Del Giorno In 80 Mondi” sein erstes Soloalbum veröffentlichte, hat Enrico Rava sich größtenteils auf das Einspielen seiner eigenen Kompositionen beschränkt. Auf den zwölf Alben, die er bislang bei ECM herausbrachte, findet man zwar vereinzelt Jazzstandards und anderes Fremdmaterial, doch der Löwenanteil der Kompositionen stammte stets aus der Feder Ravas. Jetzt hat er auf seinem neuen Album “Rava On The Dance Floor” erstmals mit dieser “Tradition” gebrochen. Dies allein mag schon verwundern, doch die wahre Überraschung ist, dass der Trompeter für seinen Seitensprung nicht etwa auf ein jazzaffines Repertoire zurückgriff, sondern auf die Popballaden und knalligen Rhythm’n’Blues-Nummern des 2009 verstorbenen Michael Jackson.

Wie Enrico Rava endlich Michael Jackson entdeckte

Enrico Rava scheut sich nicht zuzugeben, dass er dem Phänomen Michael Jackson eigentlich nie besondere Aufmeksamkeit geschenkt hatte. Dies ändert sich erst mit dessen Tod im Juni 2009. “Zu seinen Lebzeiten hatte ich nur eine oberflächliche Bekanntschaft mit Michael Jacksons Werk gemacht”, räumt Rava ein. “Aber ein paar Tage nach seinem Tod kehrte ich von einem Gig nach Hause zurück und ertappte meine Frau Lidia dabei, wie sie sich eine DVD mit einem Konzertmitschnitt von ihm aus Bukarest anschaute, und der haute mich wie ein Tornado um. Ab diesem Moment konnte ich ohne seine Musik nicht mehr leben. Ich kaufte alle CDs und DVDs dieses außerordentlichen Künstlers, und sie verwandelten meine langen und langweiligen Autofahrten in freudige Hörsessions. Jeden Tag entdeckte ich neue Schätze. Und irgendwann verspürte ich das Verlangen, tiefer in Michaels Welt eintauchen zu wollen. Und dies konnte ich nur auf eine Weise tun: indem ich seine Songs spielte.”

Rava schwimmt gegen den Strom der vorherrschenden Kritiker- und Fan-Meinung

Interessant ist auch, dass Enrico Rava sich nicht der vorherrschenden Kritiker- und Fan-Meinung anschließt, gemäß der Michael Jackson seine besten Alben unter der Ägide von Quincy Jones (“Off The Wall”,”Thriller”und “Bad”) aufnahm. Zu seinen Favoriten zählt er stattdessen die Alben “HIStory” (1995) und “Invincible” (2001). Rava lobt vor allem die Melodie des Songs “Speechless” (von “Invincible”), mit dem er hier sein Album beginnt, hält “Little Susie” für ein Meisterwerk und teilt auch Jacksons Faible für den Charlie-Chaplin-Klassiker “Smile” (beide erschienen auf “HIStory”). Auch das besonders mitreißend interpretierte “Privacy” stammt von “Invincible”, während das trotzige “They Don’t Care About Us”, “HIStory” und “Blood On The Dance Floor” durch “HIStory” und das dazughörige Remix-Album “Blood On The Dance Floor: HIStory In The Mix” bekannt wurden. Aber natürlich griff Rava auch auf ein paar Songs der drei von Quincy Jones produzierten Hit-Alben zurück: “I Just Can’t Stop Loving You” und “Smooth Criminal” stammen von “Bad”, “Thriller” vom Album gleichen Namens.

Ravas Partner: der Arrangeur/Posaunist Mauro Ottolini und das Parco della Musica Jazz Lab

“Ich wollte aber auch etwas Eigenes zu diesem Projekt beitragen” fährt Rava fort. “In Mauro Ottolini fand ich den idealen Partner für die Arrangements. Als Band kam nur das Parco della Musica Jazz Lab in Frage [mit dem der Trompeter im Laufe der letzten paar Jahre schon einige aufregende Projekte realisierte]. Und der Aufnahmeort sollte das Auditorium Parco della Musica di Roma sein, in dem alles seinen Anfang genommen hatte.” Dazu muss man wissen, dass Rava von Jacksons Tod nach einem Auftritt in eben diesem Auditorium erfahren hatte.

Das Parco della Musica Jazz Lab: ein Sprungbrett für junge Talente

Das Parco della Musica Jazz Lab (kurz PMJL) ist ein von der Stiftung “Musica per Roma” finanziertes Ensemble, das vor allem junge Talente fördern soll. Zu denen zählt der 27-jährige Pianist Giovanni Guidi, der momentan auch Ravas regulärem Quintett angehört (das letztes Jahr bei ECM das Album “Tribe” vorlegte). Der Posaunist und Arrangeur Mauro Ottolini arbeitete u.a. schon mit Carla Bley, Bill Frisell und Maria Schneider zusammen (einen gewissen Einfluss der genialen Carla auf seine eigenen Arrangements kann man auf “Rava On The Dance Floor” durchaus heraushören). Glänzend in Szene setzen sich auch die anderen Bläser: die Trompeter Andrea Tofanelli und Claudio Corvini sowie die Saxophonisten Daniele Tittarelli und Dan Kinzelman. Und zu guter Letzt ist da noch die hervorragende Rhythmusgruppe mit Gitarrist Marcello Giannini, Keyboarder Franz Bazzani, Bassist Dario Deidda, Drummer Zeno De Rossi und Perkussionist Ernesto Lopez Maturell, die gerade bei den groovigeren und rockigeren Nummern wie “They Don’t Care About Us”, “Thriller”, “Privacy”, “Smooth Criminal” und “Blood On The Dance Floor” für den notwendigen Drive sorgt.