Mit seinen 76 Jahren ist
Enrico Rava eine der Vaterfiguren des Jazz in Italien. Für sein neues Album “
Wild Dance” hat der Trompeter nun ein mehrere Generationen umspannendes Ensemble um sich gesammelt. Angeregt durch die positiven Erfahrungen, die er in den letzten zwei Jahren bei Tourneen mit seinem
neuen Quartett machte, ging Rava mit Gitarrist
Francesco Diodati (Jahrgang 1983), Bassist
Gabriele Evangelista und Schlagzeuger
Enrico Morello (beide Jahrgang 1988) ins Studio, um “Wild Dance” einzuspielen. Zu dem Quartett gesellte sich außerdem noch der Posaunist
Gianluca Petrella (Jahrgang 1975), der durch seine Mitwirkung an den Rava-Aufnahmen “
Easy Living” (2004), “
The Words And The Days” (2007) und “
Tribe” (2011) sowie eine Reihe von Alben unter eigenem Namen längst international bekannt ist. 2006 und 2007 wurde Petrella von
DownBeat als “Rising Star” auf seinem Instrument ausgezeichnet.
“Ich liebe den Klang, den Trompete und Posaune zusammen erzeugen.”, sagt Enrico Rava. “Die Posaune ist sowieso fast das gleiche Instrument wie die Trompete, spielt bloß in einem anderen Register. Und was man mit ihnen machen kann, wenn man unisono spielt, ist etwas ganz Besonderes. In dieser Hinsicht hat mich Roswell Rudd, mit dem ich in den frühen 1970ern gespielt habe, gewaltig beeinflusst. Sowohl Roswell als auch Gianluca sind sehr moderne Musiker, die aber fest in der Musik der Tanzbands von New Orleans verwurzelt sind.”
Seine ersten
ECM-Aufnahmen, “
The Pilgrim And The Stars” und “
The Plot”, machte Rava Mitte der 1970er Jahre mit einem Quartett, in dem der Gitarrist
John Abercrombie sein zentraler Partner war. Mit der neuen Band knüpft Rava nun wieder dort an, nachdem er seit seiner Rückkehr zu ECM vor etwas mehr als zehn Jahren ausschließlich Pianisten wie
Stefano Bollani,
Andrea Pozza und
Giovanni Guidi für die harmonischen Ausgestaltung seiner Musik eingesetzt hatte. “Mir gefällt es oft besser, wenn ein Gitarrist hinter einem Solisten spielt – nicht zuletzt deshalb, weil Gitarristen nicht mit allen zehn Fingern Akkorde spielen können”, meint Rava augenzwinkernd. Dann lobt er Francesco Diodati dafür, dass er mit seiner Spielweise mehr Räume eröffnet als er mit “seinen delikaten Klangwolken” ausfüllt.
Das Programm des Quintetts besteht aus Rava-Originalen, die ein breites Spektrum an Stimmungen abstecken – von grüblerischen Balladen bis zu hitzigen Uptempo-Post-Bop-Nummern. Rund die Hälfte der Stücke wurden von Rava eigens für dieses Album komponiert, während andere, sehr zu seiner Freude, von den Mitgliedern der Band vorgeschlagen wurden und aus den 1980er und 1990ern stammen (“Diva”, “Infant” und “Overboard”).
Abgerundet wird das Repertoire von “Wild Dance” mit einer Kollektivimprovisation der Band. Ravas Spiel macht einmal mehr klar, dass sich Leichtigkeit und Intensität, elegante Coolness und emotionale Wärme nicht gegenseitig ausschließen müssen. Die Süddeutsche Zeitung schrieb Anfang des Jahres, dass Rava “immer noch einer der großartigsten Jazztrompeter der Welt” ist. Daran kann nach “Wild Dance” wirklich kein Zweifel bestehen.