Erik Truffaz | News | Filmmusik im Jazzgewand - Klappe ... und Action!

Filmmusik im Jazzgewand – Klappe … und Action!

Seine Rückkehr zu Blue Note feiert der Trompeter Erik Truffaz mit einem besonderen Album. Auf “Rollin’” verleiht er seinen Lieblingsstücken aus Film und Fernsehen seine einzigartige Note.
Erik Truffaz
Erik Truffaz
06.04.2023

Das Album “Rollin'” auf LP und als exklusive Sonderedition in weißem Vinyl und weiteres finden Sie in unserem JazzEcho-Store

Der in der Schweiz geborene französische Trompeter Erik Truffaz gehört seit zwanzig Jahren zu den internationalen Größen des sogenannten Nu-Jazz. Mit seinem neuen Album “Rollin’” kehrt er nun nach 15 Jahren zu dem Label Blue Note zurück, bei dem er Ende der 1990er Jahre seinen kometenhaften Aufstieg begonnen hatte. Auf “Rollin’” stellt Truffaz sein jüngstes Projekt vor, für das er die Musik unvergessener Film- und Fernsehklassiker auf seine unverkennbar eigene und fazinierende Weise neu interpretiert. Unterstützt wird Truffaz bei seinem jazzigen Exkurs in die Filmmusik von dem Pianisten und Keyboarder Alexis Anérilles, dem Gitarristen Matthis Pascaud, dem Schlagzeuger Raphaël Chassin und dem Bassisten Marcello Giuliani, der längst so etwas wie Truffaz’ musikalisches Alter Ego ist. Bei zwei Nummern treten als Gäste zudem die Sängerin Camélia Jordana und die Schauspielerin Sandrine Bonnaire in Erscheinung.
Alles begann in einer Festivalnacht in Angoulême, bei der Truffaz mit dem Vorhaben antrat, Filmmusik zu “ent-spielen”, sie von den Bildern, die Kinogängern automatisch mit ihnen verbinden, zu entkoppeln und sozusagen auf eigene Füße zu stellen. Denn Soundtracks sind für Musiker stets eine etwas heikle Angelegenheit. Für das Projekt hatte der Filmfan Truffaz vorher tief in seinen Erinnerungen gekramt und an die Zeiten zurückgedacht, in denen er als Kind oder verliebter Jugendlicher in einem abgedunkelten Kino saß und gebannt auf die Leinwand blickte.
Die atmosphärischen Interpretationen des Albums greifen die Spannung, Melancholie und Faszination der Filme auf. Aber mit ihren Improvisationen führen Truffaz und seine Gefährten sie in teilweise überraschende Sphären.  Außerdem gibt das breitgefächerte Material den Musikern reichlich Gelegenheit, ihre erstaunliche stilistische Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen. Das Album beginnt Truffaz melancholisch-verhuscht mit einem absoluten Klassiker: Nino Rotas Titelmusik für Federico Fellinis “La Strada”. Ganz andere, nämlich psychedelisch-rockige und groovige Töne schlägt das Ensemble gleich danach in Michel Magnes “Route de nuit” aus der Gaunerkomödie “Les Tontons flingueurs” (deutscher Titel: “Mein Onkel, der Gangster”) an. Und so hangeln sich Truffaz und Co. munter und ungemein agil von einem filmischen Genre zum anderen und von einer musikalischen Stimmung zur nächsten. In der Western-Ballade “One Silver Dollar” aus “River Of No Return” (“Fluß ohne Wiederkehr”) schlüpft Camélia Jordana in die Rolle von Marilyn Monroe, während Truffaz mit seiner Trompete Robert Mitchum verkörpert. Danach darf sich die Band im Titelsong von “Fantômas”, der ebenfalls aus der Feder von Michel Magne geflossen ist, wieder lustvoll und mit vielen wunderbar schrägen Tönen austoben. Außerdem stehen noch auf dem Programm: die Titelmusiken der britischen Serie “The Persuaders!” (“Die Zwei”), des Filmdramas “César et Rosalie” (mit einem gesprochenen Monolog von  Sandrine Bonnaire) und des Neo-Noir-Krimis “Le Casse” (“Der Coup”) sowie “Quel temps fait-il à Paris” aus dem  Jacques-Tati-Film “Les vacances de Mr. Hulot” (“Die Ferien des Monsieur Hulot”). Und fehlen darf natürlich auch nicht das legendäre Thema von “Ascenseur pour l’échafaud” (“Fahrstuhl zum Schafott”), das Miles Davis komponiert und für den Film eingespielt hatte. Und der ist bekanntlich Truffaz’ große musikalische Inspiration, seit dieser ihn mit 16 Jahren das erste Mal gehört hat.
Auf “Rollin’” befreien Erik Truffaz und seine Band die von Miles Davis, Nino Rota, Michel Magne, Ennio Morricone, Alain Romans, Philippe Sarde, John Barry und anderen geschriebenen Melodien von ihrer ursprünglichen Funktion. Es sind nicht mehr Filmmusiken, die den Bildern untergeordnet sind, sondern neue musikalische Miniaturfilme, die über die ursprüngliche Geschichte hinausgehen. Das Ergebnis ist ein Album, das vom ersten bis zum letzten Moment ebenso fesselnd wie unterhaltend ist.
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