Go Penguin Go! In den letzten Jahren ist ihr Stern am Musikhimmel stetig gestiegen. Ihr letztes, bereits beim Traditions-Jazzlabel Blue Note veröffentlichtes Album “Man Made Object” traf den Nerv bei Medien und Hörern aus den verschiedensten musikalischen Lagern. Die mit Sequenzern komponierten und dann auf “echten” Instrumenten live eingespielten Instrumental-Stücke rannten offene Türen ein bei den Fans von Aphex Twin und Robert Glasper, Kendrick Lamar und Massive Attack. Die Relevanz der drei Ende 20-, Anfang 30-Jährigen im Multi-Kulti der britischen Popkultur zeigte bereits davor, 2014, GoGo Penguins Nominierung für den Mercury Music Prize. Auch wenn sie vom Jazz kämen, seien die Ex-Musikhochschüler aus Manchester vor allem an den Nuancen des Grooves interessiert, an den Kontaktpunkten zwischen akustischer und maschineller Musik, beschrieb sie der englische Guardian. Selbst Techno und House-Fans dürften sich von der Partytauglichkeit ihrer Musik überzeugen, so die Zeitung.
Natürlich werden sich der Pianist Chris Illingworth, Bassist Nick Blacka und Schlagzeuger Rob Turner über diese einhelligen Lobeshymnen gefreut haben. Und trotzdem grenzt sich ihr nun erscheinendes viertes Album “A Humdrum Star” hörbar vom Vorgänger ab: Der Ansatz ist noch virtuoser und spielfreudiger, hat unterschiedlichste Stimmungen, spannt erneut den Bogen zwischen Jazz, neoklassischem Minimalismus und Trip Hop. GoGo Penguin gehen nicht in die Falle, ihr Vorgänger-Album zu kopieren. Auf dem Nachfolger ihres Blue-Note-Debüts sind sie spannend und unberechenbar, ihre Musik folgt nach wie vor den eigenen Bedingungen. Es sei ein sehr anspruchsvolles Werk, meinte Illingworth vorab in der Presse, eine Herausforderung, weil es ganz anders sei als das, was sie in der Vergangenheit gemacht haben. “Aber gleichzeitig fühlen wir uns mit dem neuen Material wohl, weil es uns einen Schritt vorwärts bringt auf dem Weg, endlich zu der Band zu werden, die wir schon immer sein wollten.”
GoGo Penguin beginnen ihr neues Oeuvre mit dem nachdenklichen, neoklassischen, an Max Richter erinnernden, jedoch durch Besen-Schlagzeug und markanten Piano-Anschlag jazziger als Richter klingenden “Prayer”. Die kraftvollen Akkorde von “The Raven” wecken den Hörer daraus auf. Der akustisch eingespielte Drum&Bass-Groove des Titels bläst allen Staub weg, doch die Stimmung ist hier melancholisch-norwegisch, á la Tord Gustavsen, Ketil Bjornstad – einen Gang raufgeschaltet. “A Hundred Moons” folgt dem worldpoppigen Ansatz, den GoGo Penguin kürzlich schon auf ihrem neu eingespielten Soundtrack des Kult-Films “Koyaanisqatsi” gezeigt haben, mit dem sie auf Tour gegangen sind. (Das Hamburger Abendblatt beschrieb die 2017 in der Elbphilharmonie aufgeführte Filmmusik des Trios als “kleines Wunderwerk”.) Bei “Strid” machen sie dann aber da weiter, wo Massive Attack in den 1990ern aufhörten. Auf andere Klangebenen bringt sie das sich anschließende “Transient State”, bei dem man besonders gut versteht, warum die Musikpresse GoGo Penguins Schlagzeuger Rob Turner als einen der heißesten Drummer der heutigen Musikszene beweihräuchert. Minimalistisch ineinander verwobene Motive untermalen Illingworths pointierte Klavierakzente in “Return To Text”, einem emotionalen Höhepunkt des Albums, an den sich das polyrhythmisch groovende “Reactor” anschließt und die Spannung höher treibt. Auf diesem Plateau, mit einem bezaubernden Piano-Motiv, lassen GoGo Penguin das Album mit “Window” ausklingen.
“A Humdrum Star” ist ein richtungsweisendes Oeuvre in der kaleidoskopischen, genrevernetzten, unermüdlich voranschreitenden Musikwelt geworden. Dabei bleiben GoGo Penguin nah am Hörer, stringent im ausgefeilten Groove, emotional und echt – virtuose Wildpferde ohne Muckertum. Im April ist das Trio auf Deutschland-Tour.