Der 1980 in Beirut geborene Trompeter Ibrahim Maalouf gilt als Phänomen der französischen Jazzszene. Bevor er sich 2007 ganz dem Jazz zuwandte, erlangte er durch die Zusammenarbeit mit internationalen Popstars wie Sting, Lhasa, Elvis Costello und dem Trip-Hop-Duo Bumcello, sowie durch einige Filmmusiken zu französischen Kinoerfolgen eine außergewöhnliche Popularität. Das Publikum, das er damals eroberte, scheint ihm bis heute treu zu sein. Anders kann man sich kaum erklären, dass Maalouf in Frankreich gerade mit seinem aktuellen Album “Kalthoum” die Top 10 der Amazon-Popcharts erobern konnte. Und dies ohne seine musikalische Integrität auf dem Altar kommerzieller Zugeständnisse zu opfern.
Mit “Kalthoum” hat Maalouf ein spirituelles Meisterwerk geschaffen, das man fast schon auf eine Stufe mit
John Coltranes “
A Love Supreme” stellen kann. Das Album hat der Künstler allen Frauen gewidmet, die den Verlauf der Geschichte verändert haben. Frauen, deren künstlerischer Einfluss noch heute Auswirkungen auf unser Leben hat. “Deshalb wählte ich für den Titel des Albums den Namen einer symbolischen Persönlichkeit, die ein wahres Monument in der Geschichte der arabischen Völker darstellt”, erklärt Maalouf, “und zufällig auch eine der Stimmen besaß, die ich seit meiner Kindheit am häufigsten gehört habe: Oum Kalthoum.” Die 1975 im Alter von 76 Jahren gestorbene ägyptische Diva genießt in der arabischen Welt einen Ruf, der in etwa mit dem von Maria Callas oder den Beatles in der westlichen Welt vergleichbar ist.
Gemeinsam mit dem deutschen Pianisten Frank Woeste übertrug Malouf “Alf Leila Wa Leila” (“Tausendundeine Nacht”), eines der großartigsten Lieder der Sängerin, in einen zwar konventionellen Jazzkontext, der aber durch die Weise, wie sich hier arabische und westliche Kulturen miteinander verschlingen, äußerst innovativ ist. Das 1969 von Baligh Hamdi komponierte Stück hat die (damals recht gebräuchliche) Form einer einstündigen Suite mit dreiminütigen Refrains und Strophen, die zwischen fünf und fünfundzwanzig Minuten variieren. Ein Großteil des Stückes blieb der Improvisation vorbehalten, sowohl in der Originalversion als auch in der hier präsentierten Überarbeitung. Die Suite besticht vor allem durch eine Abfolge von unterschiedlichen „Szenen". “Durch die Art, wie diese aufgebaut sind, war es sehr spannend, sie in den Jazz zu übertragen”, meint Maalouf, der das Album in New York mit demselben Team einspielte, mit dem er schon 2011 bei seinem Miles Davis gewidmeten Album “Wind” zusammengearbeitet hatte: Tenorsaxophonist Mark Turner, Pianist Frank Woeste, Kontrabassist Larry Grenadier und Schlagzeuger Clarence Penn.
Ibrahim Maaloufs zweites aktuelles Album “
Red & Black Light”, das mit “
Kalthoum” ein künstlerisches Tandem bildet, erscheint in Deutschland am
23. Oktober.
Am 17. Oktober wird Maalouf die Musik von “Kalthoum” live in der Kölner Philharmonie präsentieren.