2017 war der 30. Todestag von Dalida, der phänomenalen, ergreifenden, italienisch-stämmigen, in Kairo aufgewachsenen und in Paris unsterblich gewordenen Schauspielerin und Sängerin. In Deutschland kennt man ihre Lieder “Am Tag, als der Regen kam” und “Er war gerade 18 Jahr”. In Frankreich gehört Yolanda Gigliotti alias Dalida, die rund tausend Songs in 15 Sprachen aufgenommen hat und weltweit 150 Millionen Alben verkaufte, zum nationalen Kulturerbe. “Charles de Gaulle steht an erster Stelle, dahinter Dalida an zweiter. So ist das Ranking seit Jahren – in Umfragen, die nach der einflussreichsten Persönlichkeit in Frankreich suchen”, berichtete die taz anlässlich ihres Todestages, der dieses Jahr in Paris mit Ausstellungen, Konzerten, Buchvorstellungen und Matinees begangen worden ist. Scharenweise laufen die Touristen über die Place Dalida am Montmartre, dort wo ihr Haus steht, und berühren eine dort aufgestellte Büste der “Schwarzen Orchidee”, so ihr Beiname. Das von der Regisseurin Lisa Azuelos gedrehte Biopic “Dalida” läuft seit Monaten erfolgreich in den Kinos.
Das runde Jubiläum hat auch eines der musikalischen Highlights dieses Jahres hervorgebracht: Trompeter
Ibrahim Maalouf (Frankreichs Antwort auf Till Brönner) und eine Crème de la crème von Sängerinnen und Sängern haben auf dem
Album “
Dalida by Ibrahim Maalouf” Lieder aus ihrem Repertoire neu aufgenommen. Dabei ist ein zeitlos-modernes, eingängiges wie tiefgängiges Oeuvre zwischen französischem Chanson, Pop, Jazz und Weltmusik entstanden.
Mit dabei sind der französische Singer-Songwriter Alain Souchon, die amerikanische Jazz-Sängerin Melody Gardot neben Thomas Dutronc (Sohn der Chanson-Legende Francoise Hardy). Das italienische Top-Model Monica Bellucci singt mit Matthieu Chédid alias M, das Chanson “Paroles Paroles” (im Original ein Duett von Dalida mit Alain Delon). Auch den in Beirut geborenen britischen Sänger und Produzent Mika konnte Maalouf gewinnen. Die Liste spricht für sich: der breit vernetzte Trompeter, Arrangeur und Studiomusiker (Sting, Amadou & Mariam, Salif Keita), streckte seine Fühler fürs Porträt der schillernden Dalida weit aus.
Dem Barclay-Label (wo “Dalida by Ibrahim Maalouf” erscheint) gegenüber bestand Maalouf auf absoluter künstlerischer Freiheit, und er ließ sich, eigenen Angaben nach, viel Zeit. “Es war manchmal nicht einfach, die passenden Interpreten für die Songs zu finden. Manche erkannten sich zunächst nicht in Dalidas Universum. Meine Musik wurde zu einer Brücke. Schließlich spielten sie ein Spiel, in dem ich sie aus ihrer typischen Rolle, ihrer Komfortzone herausholte – ohne dabei ihre Identität zu missachten”, beschreibt Maalouf.
Wie Romy Schneider, wie Caterina Valente wurde Dalida in den 1950er-Jahren zum leuchtenden, kosmopolitischen, polyglotten Weltstar. Als sie bekannt wurde, trug sie die Haare schwarz, und ihre Lieder waren unbeschwerter Schlagerkitsch. Mit rollendem R trug sie die Hörer aus dem tristen, noch von Kriegstrümmern übersäten Alltag. In den 1960ern färbte sie sich eine blonde Löwenmähne und ihre Songs wurden düstere, todessehnsüchtige Chanson-Kunst. Nachdem sich drei ihrer Geliebten umbrachten, nahm Dalida 1987 in ihrer Pariser Wohnung eine Überdosis Schlaftabletten. Sie wurde zum Symbol ihrer Ära. Mit unsicherem Lächeln ertrug sie das Drama unmöglicher Liebe, sagt Maalouf. Sein Tribute-Album setzt ihrer glamourösen, exotischen und melancholischen Musik einen modernen Meilenstein.