Ode an das Morgenland – Ibrahim Maaloufs erste Jazz-Symphonie
Mit seiner “Levantine Symphony N°1” schuf Trompeter Ibrahim Maalouf ein Crossover-Werk voller Schönheit, Schmerz und Hoffnung.
Ibrahim MaaloufJoseph Bagur
13.09.2018
Dem libanesisch-französischen Trompeter und Komponisten Ibrahim Maalouf scheinen geniale musikalische Ideen nur so aus der Feder zu sprudeln. Nach von der Kritik gefeierten Hommagen an die ägyptische Diva Oum Kalthoum und die Chanson-Sängerin Dalida überrascht der Jazzkünstler, der in Frankreich längst ganze Stadien füllt, nun einmal mehr mit seinem neuen Projekt “Levantine Symphony N°1”. Mit ihren leicht ins Ohr gehenden Melodien weckt die aus sieben Sätzen bestehende Sinfonie gewisse Erinnerungen an Chuck Mangiones erfolgreichen Soundtrack-Klassiker “Children Of Sanchez”. Doch wo Mangione in seiner filmischen Musik lateinamerikanische Einflüsse verarbeitete, reflektiert Maalouf hier vor allem sein Musik- und Kulturerbe aus der sogenannten Levante, einem Gebiet, das sich vom östlichen Mittelmeerrand über den Nahen bis zum Mittleren Osten erstreckt und einst als das mythische Morgenland bekannt war.
Als er das Werk im März im März 2018 mit seiner Band, einem Kinderchor und einem Sinfonieorchester unter der Leitung des bekannten amerikanischen Dirigenten Michael Rossi im Kennedy Center in Washington uraufführte, schlug Maalouf nicht nur das Publikum in Bann. Rossi, selbst gelernter Trompeter, schwärmte nach der Zusammenarbeit: "Das war das erste Mal, dass ich mit seiner Musik in Kontakt kam. Und ich fand sie einfach fantastisch. Sie machte mir Lust, den Libanon selbst zu besuchen."
Für das gleichnamige Album nahm Maalouf die "Levantine Symphony N°1″ nun mit den Musikern seiner französischen Band (Pianist Frank Woeste, Gitarrist François Delporte und Schlagzeuger Stéphane Galland), der Maîtrise des Hauts-de-Seine (dem Kinderchor der Pariser Oper)und dem renommierten Paris Symphonic Orchestra auf, das schon auf Alben von Größen wie Johnny Hallyday, Charles Aznavour und Mylene Farmer zu hören war und unzählige Film-Soundtracks (u.a. für Luc Besson) eingespielt hat.
Die Sinfonie, in der er Elemente von klassischer Musik mit jenen von zeitgenössischem Jazz und modernen, von Weltmusik inspirierten Stilen verbindet, nennt er selbst eine Ode an die von Konflikten heimgesuchte Region. In seiner Musik versuchte Maalouf die Gemeinsamkeiten aller levantinischen Kulturen auszuloten und auch ihren modernen, offenen Geist hervorzuheben. In seinem Opus – das mal sehr filigran, dann wieder kraftvoll klingt – flicht er die Fäden zusammen, die die Menschen der Levante nicht nur in Musik und Poesie, sondern auch in einer gemeinsamen kollektiven Identität und Erinnerung verbinden. Dabei schwingt bei Maalouf stets die Hoffnung mit, dass eine fortschrittliche und vereinte Levante eines nicht allzu fernen Tages in neuem Glanz wiedererblüht.