Jazz zu Weihnachten | Jazz zu Weihnachten

Eines der schönsten Weihnachtsgeschenke im vergangenen Jahr war für viele Musikfans “Christmas Wish”, das erste Weihnachtsalbum von Gregory Porter, mit seiner Mischung aus festlichen, souligen, aber auch nachdenklichen Songs. “Ein Album mit Weihnachtsklassikern, gesungen von dem Mann mit der ausdrucksvollsten Stimme im Musikgeschäft”, jubelte die britische Sun und ergänzte: “Die Auswahl der Titel ist superb.” Dieses Jahr vergoldet Porter sein Album noch ein wenig mehr, das mit drei Bonustracks rechtzeitig zum Fest als digitale Deluxe Edition erscheint.

In gleich zwei verschiedenen Versionen (eine entstand in Zusammenarbeit mit dem britischen Produzentengespann Cam Blackwood & Swindle, die andere mit Porters langjährigem Vertrauten Troy Miller) gibt es “We Have All The Time In The World” zu hören. Dabei handelt es sich eigentlich nicht um ein Weihnachtslied, sondern um ein Liebeslied aus der Feder des legendären Bond-Komponisten John Barry, das der unvergleichliche Louis Armstrong für den Soundtrack des Bond-Films “Im Geheimdienst Ihrer Majestät” eingesungen hatte, der allerdings 1969 zur Weihnachtszeit in den Kinos lief. Als die Single parallel zum Film auf den Markt kam, schaffte sie es nicht in die Charts. Das gelang erst 25 Jahre später, nachdem die irisch-britische Rockband My Bloody Valentine den Song für einen Guinness-Bier-Werbespot gecovert hatte und Armstrongs Originalversion wiederveröffentlicht wurde.

Seitdem ist das Lied laut einer BBC-Umfrage aus dem Jahr 2005 das drittbeliebteste Liebeslied, das in Großbritannien auf Hochzeiten gespielt wird. Porter haucht dem Klassiker nun mit seiner warmen Stimme neues Leben ein und erweist gleichzeitig dem Original von Armstrong (das übrigens auch im Film “James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben” von 2023 mehrfach zitiert und für den Vorspann verwendet wird) seine Reverenz.

Vielleicht noch schöner ist allerdings ein anderer, diesmal wirklich weihnachtlicher Klassiker, der 1967 durch die rauchige Stimme von Lou Rawls berühmt wurde: “Christmas Will Really Be Christmas”. Hier kann sich Gregory Porter noch einmal von seiner soulig-funkigen Seite zu zeigen, so wie er es auf “Christmas Wish” schon bei der Interpretation von Stevie Wonders “Someday At Christmas” und Marvin Gayes “Purple Snowflakes” getan hatte. Und auch hier lautet die Botschaft des Stückes, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat: “Liebe deine Mitmenschen und feiere, was wirklich wichtig ist.”

 

Es gibt Menschen, die, sobald sie den Kinderschuhen entwachsen sind, mit Weihnachten nichts mehr zu tun haben wollen. Für andere wiederum – und dazu gehört auch Jacob Collier - scheint Weihnachten seine Faszination nie zu verlieren. Wen wundert’s? Schließlich ergatterte Jacob 2004 mit gerade einmal zehn Jahren seine erste (kleine) Filmrolle als Tiny Tim in der britischen TV-Adaption des Musicals “A Christmas Carol” nach Charles Dickens. Auch danach war Weihnachten immer wieder ein Thema für ihn. So arrangierte er noch vor der Veröffentlichung seines ersten eigenen Albums Irving Berlins “White Christmas” für die amerikanische Acapella-Gruppen Pentatonix und Manhattan Transfer. Und in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern hat er seitdem fast jedes Jahr einen Weihnachtsklassiker aufgenommen, darunter “Have Yourself A Merry Little Christmas” mit Sängerin und Songschreiberin Tori Kelly, “Noelle” mit R&B-Sängerin JoJo und “Silent Night” mit Jazzpianist Justin Kauflin. Jacobs eigene Version von Mel Tormés “Christmas Song” war vor zwei Jahren sogar für einen Grammy nominiert.

Dieses Jahr überrascht Jacob Collier seine Fans mit einem besonderen Festtagsschmaus: in den Londoner Abbey Road Studios hat er vor einem handverlesenen Publikum, das ihm gleichzeitig als Background-Chor diente, drei Weihnachtsklassiker “live to vinyl” aufgenommen – das heißt: in einem Take, direkt gemastert und auf Vinyl geschnitten. Unter dem Titel “Three Christmas Songs” erscheinen die Aufnahmen jetzt als limitierte LP, die exklusiv im JazzEcho-Store erhältlich ist.

Auf der A-Seite sind die Klassiker “I’ll Be Home For Christmas”, “Winter Wonderland” und “Silent Night” zu hören, auf der B-Seite eine ca. 18-minütige weihnachtliche Klavierimprovisation, die es nur hier und nicht digital zu hören gibt.

Der singende Multiinstrumentalist wird allgemein für seine vielschichtigen Arrangements gefeiert (seine sechs bisherigen Grammys gewann er in dieser Kategorie), doch diesmal ging es Jacob Collier nicht darum, zu zeigen, was für ein musikalisches Ausnahmetalent er ist, sondern darum, wohlige Weihnachtsstimmung zu erzeugen. Mit “I’ll Be Home For Christmas” versetzt er das Publikum gleich zu Beginn musikalisch in die 1940er Jahre zurück, als Bing Crosby diesen Titel erstmals in die Top Ten der Charts brachte, mischt aber vom Flügel aus modernere Jazz- und Blues-Harmonien darunter. Für “Winter Wonderland” wechselt er zur zehnsaitigen Akustikgitarre, um dem beschwingteren Evergreen einen rootsig-folkloristischen Touch zu verleihen. Mit der englischen Version des weltweit bekanntesten deutschen Weihnachtsliedes “Stille Nacht, heilige Nacht” beschließt Jacob, wieder am Klavier und singend begleitet vom Publikum, das Programm feierlich.

Mit seinem aktuellen Album “Djesse Vol.4”, das gerade erst auch als Deluxe-Doppel-LP mit Bonustracks veröffentlicht wurde, ist Collier übrigens für den Grammy in der Kategorie “Album des Jahres” nominiert. Darauf singt er im Duett mit Brandi Carlile den Song “Little Blue”, den er kürzlich für die populäre “Colors Show” auf YouTube als poppige Folk-Ballade im Alleingang neu aufgenommen hat. Wer Collier live erleben möchte, hat dazu am 29. November Gelegenheit, wenn der Brite im Rahmen seiner ausgedehnten Welttournee in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle gastiert.

Die Frage „Was kann Jeff Goldblum eigentlich nicht?“ wird in letzter Zeit wieder häufiger gestellt. Nachdem einem sein Gesicht und Sinn für geschmackvolle Kleidung hierzulande dank ZEITmagazin MANN an jedem Kiosk entgegensprangen, verbindet er im Kino gerade zwei andere Professionen: die als Schauspieler und Sänger. In der Blockbuster-Verfilmung des Broadway-Musicals „Wicked“ ist er als Zauberer von Oz zu sehen und hören, und spielt dabei laut einigen Kritikern sogar die beiden Hauptdarstellerinnen Cynthia Erivo und Ariana Grande an die Wand.

Eine weitere Seite des Multitalentes ist bekannterweise die des Jazzmusikers, und die lässt er trotz seines Kinoerfolges nicht verkümmern. Aktuell gibt er den Weihnachtsmann und hat mit Jazzsängerin Veronica Swift zwei außerordentlich lässige Weihnachtsklassiker für eine 7-inch-Single eingespielt und eingesungen, die es hierzulande exklusiv nur im JazzEcho-Store gibt: „Let It Snow“ und „Blue Christmas“. Neben den prickelnden Vokalduetten und den abgehangenen Hammond- und Piano-Solos Goldblums machen auch die beiden minimalistisch-witzigen Videos zu beiden Titeln Stimmung.

 

 

Weihnachten ohne “Ella Wishes You A Swinging Christmas” scheint vielen Jazzfans ein Ding der Unmöglichkeit. In der Liste der “25 größten Weihnachtsalben aller Zeiten” des Rolling Stone rangierte das Album 2019 auf Platz 10, und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zu festlichen Alben von anderen Musiklegenden wie Elvis, James Brown, Bing Crosby, den Beach Boys, Louis Armstrong und Vince Guaraldi. 2017, als der 100. Geburtstag von Ella gefeiert wurde, kürte das US-Magazin Salon "Ella Wishes You A Swinging Christmas” zum "besten Weihnachtsalbum aller Zeiten”, beim britischen Guardian belegte es erst vor zwei Jahren in einer ähnlichen Auflistung den zweiten Platz.

Kein Wunder also, dass das Album in letzter Zeit gleich zweimal neu als LP aufgelegt wurde, zum einen in der audiophilen Verve Acoustic Sounds Serie, zum anderen als Colored Vinyl Edition in rotem Vinyl mit modernisiertem Cover.

Jetzt gesellt sich mit der ersten 2-LP-Deluxe-Edition die erste LP mit Bonustracks dazu. Diese Ausgabe enthält eine zweite LP mit 12 weiteren Ella-Weihnachtsaufnahmen, darunter sechs Decca-Titeln, die hier ihr LP-Reissue-Debüt erleben. Zum ersten Mal sind hier alle Weihnachtsaufnahmen von Ella für Verve und Decca Records zusammengefasst.

Zugegeben, bei so viel Albumvarianten kann selbst der Weihnachtsmann durcheinanderkommen, deshalb erscheint die Deluxe Edition in einer optisch einmaligen Klapphülle mit goldener Variation von Gene Grants ikonischem Albumcover. Enthalten sind außerdem ein LP-großes 8-seitiges Booklet mit ausführlichen Linernotes von Will Friedwald sowie ein Bastelbogen mit Ella-Weihnachtsornamenten.

Begleitet wurde die First Lady Of Song, als sie im Sommer 1960 ein rundes Dutzend Weihnachtslieder für das Album aufnahm, vom einem Spitzen-Orchester unter der Leitung von Frank DeVol. Der hatte schon in den späten 50ern und 60ern mit seinen raffinierten Arrangements eine Reihe von Ella-Klassikern veredelt – darunter “Like Someone In Love”,"Get Happy" und “Hello, Dolly”.

“'Ella Wishes You A Swinging Christmas' ist eine charmante, warmherzig humorvolle – und ja, swingende – Sammlung klassischer Weihnachtslieder”, meint AllMusic zu dem Album. “Bei der Produktion hat Norman Granz alle billigen Rührseligkeiten gemieden, in denen manche Weihnachtsalben ertrinken. Besser kann ein jazziges Weihnachtsalben nicht sein.”

Side A (Original-LP)

Side B (Original-LP)

 Side C (Bonus-LP)

 Side D (Bonus-LP)

 

Ein Fun Fact ist, dass die besten Weihnachtsalben im Sommer aufgenommen werden. Und je heißer der Sommer, desto besser das Album. Vielleicht liegt es daran, dass die Sommerhitze die Fantasie der Künstler beflügelt und sie entspannter zu Werke gehen lässt. Der August 1959 ging als außergewöhnlich heißer Monat in die Geschichte der USA ein. Als Dean Martin am Donnerstag, dem 6. August, das Studio von Capitol Records in der 1750 North Vine Street in Hollywood betrat, amüsierte er sich bei dem Gedanken, dass er seine eigene Version des Winterliedes “Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!” an einem so heißen Tag aufnehmen würde. 

Der Song sollte Ende des Jahres auf dem Album “A Winter Romance” erscheinen. Mit der für ihn typischen Lockerheit und Nonchalance sowie einer gehörigen Portion Humor interpretierte der Crooner neben Weihnachtsklassikern wie “Winter Wonderland” und “White Christmas” auch winterliche Liebeslieder wie das Titelstück und “Baby, It’s Cold Outside”. Martin konzipierte das Album insgesamt weniger als Weihnachtsalbum, denn als romantisches Liebesalbum mit winterlichem Hintergrund. Trotzdem landet es seit 65 Jahren immer wieder neu unter dem Weihnachtsbaum. Vielleicht auch wegen des lässigen Cover-Artworks, das den “King Of Cool” (den Titel hatte ihm Elvis Presley verliehen) mit einer hübschen jungen Dame im Arm zeigt, hinter deren Rücken er mit einer zweiten Schönheit vielsagende Blicke austauscht.

Das Album, das in Deutschland nach langer Zeit erstmals wieder auf Vinyl erscheint, wurde von den Originalbändern neu gemastert und bietet natürlich auch das ikonische Cover und die Liner Notes der ursprünglichen Vinyl-Edition. Um das diesjährige Fest mit Dean Martin zu komplettieren, empfiehlt sich eine weitere Weihnachts-LP des Künstlers, die Compilation „Dino’s Christmas“, die die besten seiner Weihnachtsaufnahmen versammelt.

In Deutschland mag “O Tannenbaum” der größte Weihnachtsklassiker sein und bleiben, fragt man im englischsprachigen Ausland nach dem beliebtesten Weihnachtslied aus guter alter Zeit, so wird fast immer “White Christmas” genannt. Der Song mit dem simplen, aber ewig gültigen Text und der volksliedhaft schönen Melodie, beides aus der Feder des legendären Irving Berlin, ist mit über 50 Mio. verkauften Tonträgern und fast 600 Mio. Spotify-Streams der erfolgreichste Weihnachtssong aller Zeiten.

Der Interpret des Evergreens, Bing Crosby, wurde spätestens mit dieser Aufnahme zu “Mister Christmas”. Kein Wunder, mit seiner butterweichen Stimme und warmen, geschmackvollen Interpretation hat er alles, was es braucht, um Weihnachtsstimmung à la USA zu verbreiten. Dass aber noch viel mehr erstklassige Weihnachtslieder auf sein Konto gehen, beweist jetzt “Bing Crosby – Ultimate Christmas”, eine Zusammenstellung von 28 Crosby-Weihnachtsklassikern.

Wenn Sie nur eine Crosby-Weihnachts-LP oder -CD besitzen möchten, ist dies definitiv die richtige! Das Album enthält die besten Songs aus seinen Decca-Jahren (40er und 50er Jahre) und Capitol-Jahren (Anfang der 60er Jahre). Die 28 Titel, davon allein fünf im swingenden Duett mit den Andrews Sisters, decken etwa 20 Jahre von Crosbys Karriere ab.

Aus den frühen Decca-Sessions stechen Aufnahmen wie das legendäre “White Christmas”, “Silver Bells”, “Silent Night”, “Sleigh Ride”, “The First Noel”, “Happy Holiday” und das selten zu hörende “Let’s Start the New Year Right” hervor. Aus seinem Warner-Brothers-Album aus den späten 50er Jahren sind “O Holy Night”, “What Child Is This”, “Hark! The Herald Angels Sing”, “Winter Wonderland”, “The Little Drummer Boy” und weitere Aufnahmen zu hören. Crosbys einziger Weihnachtstitel auf Capitol Records – “Do You Hear What I Hear?” – war in den 60er Jahren ein Hit.

Alle Aufnahmen wurden für die Doppel-LP, CD und das digitale Album frisch remastert. Besonders in LP-Größe bringt das goldene Cover, mal ganz ohne Weihnachtsbaum oder Rentierschlitten, auch optisch elegante Feststimmung ins Haus.