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Acoustic Sounds Vinyl Serie – aus dem Schatten von Miles herausgespielt

Das brillante Album “Cannonball Adderley Quintet In Chicago” markierte für die beiden Miles-Davis-Saxophonisten Cannonball Adderley und John Coltrane bedeutende Wendepunkte in ihrer Karriere.
Cannonball Adderley Quintet In Chicago (Acoustic Sounds LP=
Cannonball Adderley Quintet In Chicago (Acoustic Sounds LP=
25.07.2023

Diese LP und weitere Folgen aus der Acoustic Sounds-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store.  

 

Für die Reihe “Acoustic Sounds Vinyl” ist das Beste gerade gut genug. Präsentiert werden in dieser Serie ausschließlich Bestseller aus den Katalogen von Verve Impulse! und anderen klassischen Jazzlabels, die über viele Jahrzehnte hinweg nichts von ihrer ursprünglichen Faszinationskraft eingebüßt haben. Dass hier nicht nur musikalisch das Beste geboten wird, garantiert Verve Records dabei durch die enge Zusammenarbeit mit dem renommierten Team von Acoustic Sounds. Unter der Supervision von Firmengründer Chad Kassem mastern dort erfahrene Toningenieure die Aufnahmen von den originalen Analog-Tonbändern neu, bevor sie bei Quality Record Pressings auf 180-Gramm-Vinyl gepresst werden. Die fertigen Scheiben werden dann in von Stoughton Printing Co. produzierte hochwertige Klapphüllen mit sogenannten Tip-On-Jackets gesteckt, die dem Album ein besonders edles Aussehen verleihen.
Cannonball Adderley – Quintet In Chicago
Dass dieses atemberaubende Album des Cannonball Adderley Quintets ein klein wenig wie “Kind Of Blue” klingt, hat einen schlicht Grund: Denn im Grunde ist auf ihm das Miles Davis Sextet (minus Miles Davis und Bill Evans) zu hören, das nur einen Monat später das epochale Meisterwerk “Kind Of Blue” aufnehmen sollte, das mit inzwischen über 5 Millionen abgesetzten Exemplaren noch immer das bestverkaufte Jazzinstrumentalalbum aller Zeiten ist.
Anfang 1959 hatte Miles Davis mit seinem Sextett in Chicago gastiert, um ein längeres Engagement in der Lounge des historischen Sutherland Hotel wahrzunehmen. Die Band war zu diesem Zeitpunkt mit dem Altsaxofonisten Julian “Cannonball” Adderley, Tenorsaxofonist John Coltrane, Bassist Paul Chambers, Schlagzeuger Jimmy Cobb und Neuzugang Wynton Kelly am Piano besetzt (letzterer sollte auf “Kind Of Blue” freilich nur bei der Aufnahme von “Freddie Freeloader” zum Zuge kommen). An einem freien Tag ergriff Cannonball die Gelegenheit, um mit den Musikern der Band (aber ohne Miles) ins nahegelegene Universal Recording Studio zu gehen und dort ein eigenes Album einzuspielen, das den Titel “Cannonball Adderley Quintet In Chicago” erhielt. Die dafür aufgenommene Musik unterschied sich deutlich von jener, die diese Musiker ansonsten mit dem Miles Davis Sextet spielten. Das unterstreicht allein schon die Tatsache, dass keine der hier zu hörenden sechs Kompositionen – darunter Adderleys “Wabash” sowie “Grand Central” and “The Sleeper” von Coltrane – je von Miles im Studio oder live aufgenommen wurde.
Das Programm spiegelte vielmehr die dynamischen Persönlichkeiten der beiden damaligen Davis-Saxofonisten wider: dem beschwingten und bluesigen Altisten Cannonball Adderley und dem intensiven und suchenden Tenoristen John Coltrane. Jeweils ein Stück aus dem Repertoire diente den beiden Saxofonisten dabei als reines Solo-Feature: im bluesigen “Stars Fell On Alabama” ist es Adderley und in der Ballade “You’re A Weaver Of Dreams” ist es Coltrane. In den restlichen vier Nummern, die Adderley und Coltrane zusammen bestritten, zeigt sich, weshalb Miles Davis sie in sein Sextett geholt hatte. In seiner Autobiographie erinnerte sich  der Trompeter jahrzehnte später: “Ich hatte das Gefühl, dass Cannonballs bluesverwurzeltes Altsaxofon in Verbindung mit Tranes harmonischer, akkordischer Spielweise, seiner freieren Herangehensweise, eine neue Art von Feeling, einen neuen Klang erzeugen würde.”
Das Album markierte für Cannonball Adderley und John Coltrane bedeutende Wendepunkte in ihrer Karriere. Denn beide begannen schon kurz danach, sich als Bandleader und Solisten mit ausgeprägter Individualstimme endgültig zu etablieren.
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