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Balladenklassiker – Vaughan sings Gershwin auf LP

Mehr als sechs Jahrzehnte nach Erstveröffentlichung erscheint das Doppelalbum „Sarah Vaughan sings George Gershwin“ jetzt in einer Back-To-Black-Sonderedition.
Sarah Vaughan
Sarah Vaughan
18.04.2018
Aufgenommen im Jahr 20 nach George Gershwins unerwartet frühzeitigem Ableben, erweist sich “Sarah Vaughan sings George Gershwin” über 60 Jahre nach der Erstveröffentlichung als ein bemerkenswert visionäres Projekt mit streng genommen gleich drei Protagonisten. Denn abgesehen von Sarah "The Divine One" Vaughan, die sich im Jahr 1957 hörbar auf der absoluten Höhe ihres Gesangstalents befand, waren bzw. sind es die Songs Gershwins und die Arrangements Hal Mooneys, die dieses Doppel-Album zum Erlebnis machen.
Der sensationelle Ambitus der 23-jährigen, die hertz-genaue Kontrolle ihres Vibratos und die Vielseitigkeit ihres Timbres dürften schon damals für begeisterte"Ahs" und"Ohs" gesorgt haben – das Unisono-Glissando mit dem Orchester im letzten Drittel von “My Man’s Gone Now” bedarf keines weiteren Kommentars. Derselbe Song aber ist es auch, der Hal Mooneys Arbeit als Dirigent und Arrangeur auf exemplarische Weise zeigt. Zur Zeit der Aufnahme war Mooney bereits eine feste Größe in Hollywood. Und die Nähe zum Film zieht sich wie Zelluloid durch das gesamte Album. Mit großer Geste lässt Mooney die zahlreichen (leider auch auf dieser Vinyl-Wiederveröffentlichung namenlosen) Streicher schwelgen; als Klangfarbenmaler bevorzugt der Arrangeur dicke Pinsel. So weit, so elegant. Dennoch lassen die ausdrucksstarken Balladen leider eines vermissen: Rhythmik. Bis auf “I’ll Build A Stairway To Heaven”“They All Laughed” und “Let’s Call The Whole Thing Off” scheint für Mooney das Thema Rhythmus mit dem Setzen der Taktstriche erledigt zu sein. Für Vaughan eine Steilpassvorlage, die sie mit traumwandlerischer Sicherheit verwandelt: Solange der Teppich trägt, vollführt sie eine gelungene Gesangskür nach der anderen.
Und Gershwins Songs danken es ihr. Als vermutlich D E R amerikanische Songschreiber des 20. Jahrhunderts (noch weit vor dem Friedensnobelpreisträger Bob Dylan) war es sein allgemeingültiges Klanggefühl, das seine Kompositionen in großer Zahl zu Klassikern hat werden lassen. Unsterblich gewordenen Interpretationen – wie hier von Sarah Vaughan – helfen dabei natürlich auch. Ebenso wie diese LP-Neupressung auf zweimal schwerem 180g Vinyl. Eher weniger überzeugend ist, dass das mit originalem Cover neu aufgelegte Doppelalbum außer den Liner-Notes keine einzige sinnstiftende Information für den interessierten Hörer bereithält. Es fehlen sämtliche Meta-Angaben zu den Bereichen Wer, Wann und Wo. Teilweise sind die Titel auf dem Back-Cover wegen Platzmangel verkürzt. Immerhin ist das Album mit einem Download-Code ausgestattet. Dem Hör-Vergnügen als solchem steht also nichts im Weg.
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