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Blue Note Classic Vinyl Edition – musikalische Draufgänger

Mit den Alben ”Spring” und “Unit Structures” setzten Schlagzeuger Tony Williams und Pianist Cecil Taylor Mitte der 1960er neue Akzente im Jazz. Nun erscheinen die bahnbrechenden Werke wieder auf Vinyl.
JazzEcho-Plattenteller: Cecil Taylor "Unit Structures" / Anthony Williams "Spring" (Blue Note Classic Vinyl)
JazzEcho-Plattenteller: Cecil Taylor "Unit Structures" / Anthony Williams "Spring" (Blue Note Classic Vinyl)
17.08.2023

Diese LPs und weitere Folgen aus der Blue Note Classic Vinyl-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store. 

 
Mit seiner “Blue Note Classic Vinyl Series” knüpft Blue Note an die gefeierte “Blue Note 80 Vinyl Reissue Series” an, mit der das von Don Was geleitete Traditionslabel 2019 sein 80-jähriges Jubiläum beging. Wie in der Vorläufer-Serie werden sämtliche Aufnahmen von Kevin Gray (Cohearent Audio) von den analogen Originalbändern neu gemastert, bei Optimal in Deutschland auf hochwertiges 180-Gramm-Vinyl gepresst und in Standardverpackungen angeboten.
Anthony Williams – Spring
Der Schlagzeuger Anthony “Tony” Williams zeigte schon in jungen Jahren, dass er ein absolutes Ausnahmetalent besaß. Mit gerade einmal elf Jahren hatte er private Unterrichtsstunden bei Alan Dawson genommen, zu dessen Schülern später u.a. Vinnie Colaiuta, Steve Smith, Kenwood Dennard, Terri Lyne Carrington und Billy Kilson gehörten. Seine ersten professionellen Auftritte absolvierte er als 13-Jähriger an der Seite des Avantgarde-Saxofonisten Sam Rivers. Drei Jahre später holte ihn Jackie McLean in seine Band. Und mit 17 nahm er dann 1963 im zweiten legendären Quintett von Miles Davis den Platz von Interims-Schlagzeuger Frank Butler ein, den er bis Anfang 1969 innehaben sollte. Dass er nicht nur ein exzellenter und zudem innovativer Schlagzeuger war, konnte Williams Mitte der 1960er auf seinen beiden ersten Soloalben für Blue Note beweisen, für die er sämtliche Kompositionen selbst geschrieben hatte. Das Material für das zweite Album “Spring” bot den prominenten Partnern des Schlagzeugers ein weites Feld für abenteuerliche Entdeckungsreisen. Zu hören ist Williams hier mit Tenorsaxophonist Wayne Shorter und Pianist Herbie Hancock, zwei Kollegen aus dem besagten Quintett von Miles, seinem vormaligen Mentor Sam Rivers am Tenorsax und dem Bassisten Gary Peacock. Das Highlight des Albums dürfte für alle Tony-Williams-Fans natürlich die fünfminütige Schlagzeug-Solo-Nummer “Echo” sein, in der Williams zeigt, weshalb er damals als der fantasievollste und beste Schlagzeuger des Jazz gefeiert wurde.
Cecil Taylor – Unit Structures
Wie so viele Jazzmusiker, die mit den Konventionen brechen und bestrebt sind, harmonisches, tonales und rhythmisches Neuland zu erobern, war auch Cecil Taylor am Anfang seiner Karriere bei Kritikern und Kollegen auf großes Unverständnis und manchmal gar offene Ablehnung gestoßen. So kam es, dass einige der Alben, die der klassisch geschulte, von Bartók und Stockhausen beeinflusste Pianist in den frühen 1960ern aufnehmen konnte, erst Jahrzehnte später erschienen. Als Taylor 1966 von Alfred Lion die Chance erhielt, mit “Unit Structures” und “Conquistador!” zwei Aufnahmen für Blue Note zu machen, hatte er bereits sechs Jahre lang kein Studioalbum mehr veröffentlicht. Am 19. Mai 1966 ging der Pianist das erste Mal in Rudy Van Gelders Studio in Englewood Cliffs, New Jersey, um dort das richtungsweisende Album “Unit Structures” einzuspielen. Zur Seite standen ihm bei der Aufnahme der Altsaxofonist Jimmy Lyons, Trompeter Eddie Gale, Ken McIntyre an Altsax, Bassklarinette und Oboe, die beiden Kontrabassisten Henry Grimes und Alan Silva sowie der Schlagzeuger Andrew Cyrille. “Taylors energiegeladener Atonalismus fügte sich gut in den Free Jazz jener Zeit ein, aber tatsächlich war er eher Vorreiter als Teil einer Bewegung”, schrieb Scott Yanow bei AllMusic, wo das Album die Höchstwertung von fünf Sternen erhielt. “Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass keine Jazzmusik jener Zeit an die Wildheit und Intensität von Cecil Taylors Musik heranreichte.” Das Musikmagazin Pitchfork nahm “Unit Structures” 2017 in seine Liste mit den “200 besten Alben der 1960er Jahre” auf und beschrieb es dort als “eines der intensivsten der frühen Free-Jazz-Alben”.
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