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Cline ganz groß – Nels Cline 4 auf Vinyl

Als The Nels Cline 4 demonstrieren der Namensgeber und seine drei Kollegen, was ein Jazz-Quartett mit zwei Gitarren alles anstellen kann.
The Nels Cline 4 - Plattenteller
The Nels Cline 4 - Plattenteller
17.05.2018
Mit einem BANG geht’s los. Und dann schält Drummer Tom Rainey eine halbe Minute lang den Groove aus seinem Klangversteck, nur damit der Rest der Truppe im Anschluss aber sowas von auf den Putz hauen kann, dass Bartel nicht mehr weiß, wo er den Most holen soll. “Furtive”, der Opener auf “Currents, Constellations” gibt nicht nur richtungsweisend den Ton an, sondern macht auch ein Versprechen, das – Achtung, Spoiler-Alarm – der Rest dieses großartigen Albums hält.
Eine Rhythmusgruppe und zwei Gitarristen? – Gibt’s zuhauf. In Rock, Pop und was weiß ich. Im Jazz ist diese Konstellation aber eher – sagen wir – nicht die Regel. Womöglich sogar ungewöhnlich. Keinesfalls aber gewöhnungsbedürftig. Zumindest nicht im Fall von “Currents, Constellations”, dem ersten Album der The Nels Cline 4. Der anderweitig natürlich auch als Wilco-Gitarrist ebenso bekannte wie verehrte Nels Cline hat sich mit seinem langjährigen Duo-Partner Julian Lage sowie Tieftöner Scott Colley und Schlagmann Tom Rainey zusammengetan, um der Welt mitzuteilen, was sie über ein Jazz-Quartett mit zwei Gitarren noch nicht wusste. Und ehrlich gesagt ist das gar nicht so wenig.
Zum Beispiel wie wenig gniedelig und eigentlich ziemlich toll Unisono-Läufe von zwei Jazz E-Gitarren klingen können. Und noch dazu perfekt unterscheidbar. Gut nachzuhören auf “Swing Ghost 59”. Oder welch hypnotischen Schwingungen entstehen, wenn das Gitarren-Wunderkind Julian Lage und der nicht minder begabte Effect-Pedal- und Loop-Spezialist Nels Cline sich an einem raga-ähnlichen Experiment wie “River Mouth (Parts 1 & 2)” versuchen. Oder. Oder. Oder.
Die acht Tracks auf “Currents, Constellations” decken ein ziemlich weites musikalisches Terrain ab. Von expressiven und groove-betonten Kompositionen wie “Imperfect 10” oder dem erwähnten “Furtive”, über fast schon balladesk zu nennendes Material à la “As Close As That”, bis zu sphärischen und rhythmisch ambivalenten Nummern im Stile von “For Each, A Flower”. Besonders hervorzuheben aber sind “Amenette” und “Temporarily”. Ersteres, weil es die Musiker sowohl strukturell als auch melodisch-rhythmisch mit dem wohl größten improvisatorischen Spielraum des gesamten Albums ausstattet. Das Ergebnis ist phänomenal. Und besonders für Schlagzeuger Tom Rainey dürfte “Amenette” unter die Kategorie “Showcase” fallen. “Temporarily” ist besonders, weil es sich dabei um die einzige Coverversion auf dem Langspieler handelt. Das ursprünglich von Carla Bley stammende Stück wird von Cline und Kollegen erst seziert und dann Stück für Stück wieder zusammengesetzt. Unglaublich gut. Auf Vinyl sowieso. Bei Blue Note lässt man sich eben auch nicht lumpen. Satt, weich und volltönend klingt das schwarze 180gr-Gold. So wie es eben soll.
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