JazzEcho-Plattenteller | News | “Tone Poet”-Serie - All-Star-Quartett mit verstecktem Gast

Die Vinyl-Wiederveröffentlichungen der “Tone Poet”-Reihe präsentieren Klangpoeten, die ihren eigenen Weg gegangen sind, um einige wirklich originelle Sounds zu erzeugen. Inspiriert wurde Blue-Note-Präsident Don Was zu dieser Kollektion durch die außergewöhnlichen audiophilen Vinyl-Wiederveröffentlichungen, die Joe Harley seit Jahren bei dem von ihm mitgegründeten Label Music Matters herausbringt. Der Saxofonist Charles Lloyd verlieh ihm für sein außerordentliches Gespür für die Klangästhetik des LP-Formats den Ehrentitel “Tone Poet”, den Harley heute mit Stolz trägt. Die LPs der Reihe werden mit viel Liebe für Details gefertigt – angefangen bei der Tonqualität und dem Mastering über die hochwertige Pressung auf 180-Gramm-Vinyl bis hin zur Gestaltung der schweren, laminierten Gatefold-Sleeves und der Druckqualität.

ScoLoHoFo – Oh!

Die Supergruppe ScoLoHoFo – bestehend aus Gitarrist John Scofield, Tenorsaxofonist Joe Lovano, Kontrabassist Dave Holland und Schlagzeuger Al Foster – war zum ersten Mal im Sommer 1999 als Band zusammengekommen. Initiiert hatte das Projekt Joe Lovano, als er von den Organisatoren des Festival International de Jazz de Montréal die berühmte “carte blanche” erhielt. Das heißt: der Saxofonist durfte im Rahmen des Festivals eine Woche lang mit von ihm frei zusammengestellten Bands auftreten. Und zum krönenden Abschluss präsentierte er sich damals mit Scofield, Holland und Foster. Die Verbindungen der Musiker untereinander reichten zu diesem Zeitpunkt freilich schon weiter zurück. Scofield, Holland und Foster waren allesamt Alumni der Bands von Miles Davis und hatten den Tenorsaxofonisten Joe Henderson 1992 bei der Einspielung seines hochgelobten Miles-Tribute-Albums “So Near, So Far” begleitet. Die Wege von Scofield und Lovano kreuzten sich wiederum erstmals in den 1970er Jahren, als die beiden Berklee-Absolventen begannen, sich in der Bostoner Jazzszene einen Namen zu machen. Später wurde Lovano Mitglied des Quartetts, mit dem Scofield die gefeierten Alben “Time On My Hands”, “Meant To Be” und “What We Do” für Blue Note aufnahm.

Auf ihr erstes und zugleich auch einziges Album, das nun erstmals auf Doppel-Vinyl erscheint, ließen ScoLoHoFo die Jazzfans allerdings noch vier Jahre lang warten. Es wurde Anfang 2003 bei Blue Note unter dem prägnanten Titel “Oh!” herausgebracht und enthielt elf Songs, die ein breites stilistisches Spektrum abdeckten und hervorhoben, dass zwischen den vier Musikern ein nahezu blindes Verständnis herrschte. Jedes Bandmitglied hatte eigene Kompositionen zum Repertoire beigesteuert. Jedes Bandmitglied? Tatsächlich gab es, wie Matt Collar in seiner Rezension für AllMusic meint, noch ein fünftes, nicht genanntes Bandmitglied: Miles Davis. “Jeder dieser Musiker, mit Ausnahme von Lovano, verzeichnete seinen ersten wirklichen Erfolg an der Seite des legendären Trompeters – eine Erfahrung, die ihre Karrieren bis heute prägt”, so Matt Collar. “Die Ästhetik von ‘Oh!’ ist entschieden Milesianisch – impressionistisch, sparsam, soft, funky, progressiv, aber immer mit einem Ohr für den Blues.”