Verve Acoustic Sounds Serie – Hitzkopf mit hauchigem Ton
Während sich die Jazzszene in den 1960ern radikal veränderte, blieb Tenorsaxofonist Ben Webster seinem swingenden Stil treu und spielte zwei grandiose Alben mit zeitlosen Jazzballaden ein.
Jazzecho-Plattenteller: Ben Webster meets Oscar Peterson / Ben Webster "See You At The Fair" (Verve Acoustic Sounds Vinyl)
03.12.2024
Mit der Verve Acoustic Sounds Serie bietet Verve in Zusammenarbeit mit dem bekannten amerikanischen Audiophil-Label Acoustic Sounds Vinyl-Fans erstmals eine LP-Serie für gehobene Ansprüche. Die Fertigung erfolgt mit rein analogen Produktionsschritten vom Erste-Generation-Masterband bis zur 180g-Pressung bei Quality Record Pressings in den USA. Den luxuriösen Rahmen schaffen stabile, laminierte Tip-On-Gatefold-Sleeves und wattierte Innenhüllen. Auch Alben von Verve-Schwesterlabels wie Impulse, Mercury und Emarcy finden sich innerhalb der hochwertigen Serie wieder.
Ben Webster Meets Oscar Peterson
Der Titel dieses 1960 erschienenen Albums dürfte damals jeden Jazzfan, der mit dem Werk von Ben Webster und Oscar Peterson auch nur ein wenig vertraut war, zum Schmunzeln gebracht haben. Denn es erweckt den Eindruck, als sei es das erste Aufeinandertreffen der beiden Jazzgiganten. Dabei kannten sich der Tenorsaxofonist und der Pianist schon seit vielen Jahren und hatten bereits einige hochkarätige Alben zusammen eingespielt, bei denen Petersons reguläre Trio- und Quartett-Partner stets mit von der Partie waren. Tatsächlich bezeichnete Webster den kanadischen Pianisten oft als seinen bevorzugten Begleiter. Die Aufnahmesession für dieses Album, die am 6. November 1959 in einem Studio in Hollywood stattfand, nutzte Webster, um mit dem Oscar Peterson Trio (mit Ray Brown am Bass und Ed Thigpen am Schlagzeug) eine wahre Lehrstunde in Sachen Balladenspiel zu geben. “Gleich zu Beginn des ersten Stücks, ‘The Touch Of Your Lips’, schwoft Peterson los, trägt und stützt die Melodielinie. Dann setzt Webster mit seinem unverwechselbaren Sound ein, tief, rauchig und voller Leben”, heißt es in einer Rezension von All About Jazz. “Websters Sound ist wie ein guter Scotch oder Bourbon: Während er sanft hinuntergleitet, ergreift seine Wärme langsam und fast unbemerkt Besitz von einem, bis man in ihm schwelgst und hofft, dass er einen nie wieder verlässt. Die beiden Musiker passen perfekt zusammen, wobei Peterson die lineare Struktur und Webster die abstrakteren Emotionen beisteuert.”
Ben Webster – See You At The Fair
“See You At The Fair” war 1964 das letzte Album, das der ehemalige Ellington-Tenorsaxofonist Ben Webster in den USA aufnahm. Noch im selben Jahr siedelte der für sein gelegentlich hitziges Temperament gefürchtete Musiker nach Europa über, wo er fortan mit anderen emigrierten Landsleuten und europäischen Musikern zusammenarbeitete. Dass dieses Album ausgerechnet bei dem innovativ ausgerichteten Label Impulse! Records erschien, dessen Galionsfigur John Coltrane war, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn obwohl Webster mit seinen 55 Jahren noch keineswegs zum “alten Eisen” gehörte, war er mit seiner im Swing verwurzelten Musik in den USA ein wenig aus der Mode gekommen. Doch für “See You At The Fair” griff der Tenorist noch einmal tief in die Trickkiste, um Juwelen der Swing-Ära – darunter zwei Gershwin-Klassiker und eine Ellington-Komposition – aufzupolieren. Unterstützt wurde er dabei von einem exzellenten Quartett, bestehend aus den alternierenden Pianisten Hank Jones und Roger Kellaway (letzterer spielt in einem Stück auch Cembalo), dem Bassisten Richard Davis und dem Schlagzeuger Osie Johnson. Scott Yanow von AllMusic gab dem Album die Höchstnote und schrieb: "Ben Websters letzte amerikanische Aufnahme war eine seiner besten. […] Selten hat Websters Ton schöner geklungen als in “Someone To Watch Over Me” und “Our Love Is Here To Stay”."