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Jean-Luc Ponty – The Atacama Experience

05.09.2007
“The Atacama Experience”* wurde von dem Jazzviolinisten Jean-Luc Ponty als eine musikalische Reise konzipiert. Diese Reise beginnt in der Einleitung mit einer Pariser Straßenszene, der dreizehn Songs folgen, die den Hörer durch verschiedene Länder, eine Reihe unterschiedlichster Impressionen und Emotionen sowie in die musikalische Vergangenheit und Gegenwart führen. Die Aufnahmen entstanden zwischen Januar 2006 und Februar 2007. In diesem Zeitraum bereiste Ponty mit seiner Band diverse Kontinente und absolvierte Auftritte in Südamerika, Europa, Rußland, den USA und Indien. Zwischendurch kehrte er immer wieder nach Frankreich zurück, um die frischen Eindrücke und neuen Einsichten in Einspielungen für dieses Projekt zu verwandeln.
Die Reiseerlebnisse hatten laut Ponty erheblich Einfluß auf die Entwicklung gewisser musikalischer Ideen, die teilweise schon lange in ihm geschlummert hatten und die er nun aus einer anderen Perspektive wieder aufgreifen konnte. Etwa seine in den 80er Jahren gemachten Entwürfe für elektronische Improvisationen, die er nie richtig ausgearbeitet hatte und die er erst jetzt in der Collage des Titelstücks “The Atacama Experience” zur Reife brachte. Die Klangfarben beschwören, so Jean-Luc Ponty, perfekt die eindrucksvolle Landschaft der nordchilenische Atacamawüste (die als die trockenste Wüste der Welt gilt!) herauf, die er nach einem Auftritt in Santiago de Chile besuchte. Mit “Desert Crossing” präsentiert der französische Künstler außerdem erstmals auf einem Album ein unbegleitetes Solo auf der akustischen Violine. Mit einem Augenzwinkern behauptet Ponty, daß das Einspielen dieses Solos von ihm ebenso viel Mut erforderte wie die Durchquerung einer Wüste.
 
Die restlichen Stücke spielte der Franzose, der am 29. September seinen 65. Geburtstag feiert,  mit seiner festen Band ein, die nun schon seit acht Jahren in dieser Besetzung zusammenspielt. Die Keyboards spielt der aus Poitiers/Frankreich stammende William Lecomte, der 1999 als letztes Mitglied zur derzeitigen Band stieß. Der aus Douala/Kamerun stammende Bassist Guy Nsangué Akwa, der auch schon mit afrikanischen Stars wie Papa Wemba, Mory Kanté, Oumou Sangaré und der karibischen Zouk-Band Kassav arbeitete, spielt schon seit 1991 in Pontys Band. Schlagzeuger Thierry Arpino wurde in der Nähe von Paris geboren und begleitete Manu Dibango, bevor er sich 1997 Pontys Band anschloß. Letzter im Bunde ist der senegalesische Perkussionist Moustapha “Taffa” Cissé, der 1991 schon an der Aufnahme des Ponty-Albums “Tchokola” beteiligt war und seit 1993 ein treuer Begleiter des Violinisten ist.
 
William Lecomte ist ein großer Bewunderer des 1966 gestorbenen Bebop-Pianisten Bud Powell, der von 1959 bis 1964 in Paris gelebt hatte. Für dieses Album schrieb Lecomte ein modernes Arrangement des Powell-Klassikers “Parisian Thoroughfare”. Jean-Luc Ponty, der in den frühen 60ern gerade seine ersten Versuche als Jazzviolinist unternahm (vorher hatte er Jazz auf Tenorsax und Klarinette gespielt), hatte damals das unglaubliche Glück, noch mit dem legendären Pianisten jammen zu können. Wie Lecomte, der erst drei Jahre nach Powells Tod geboren wurde, ist auch Ponty bis heute ein glühender Fan des virtuosen Bebop-Pianisten. Für beide war die Neuinterpretation von “Parisian Thoroughfare” deshalb eine ganz besondere Herausforderung.
 
Als Gäste stießen zur Band von Jean-Luc Ponty außerdem zwei Gitarristen der Extraklasse. Der belgisch-britische Jazzgitarrist Philip Catherine ist als Solist in “Parisian Thoroughfare” und “Still In Love” zu hören, während der abenteuerlustige Fusionmeister Allan Holdsworth in “Point Of No Return” zum Zuge kommt. Catherine war 1971/72 Mitglied von Pontys europäischer Band Experience gewesen und etablierte sich danach als einer der besten Jazzgitarristen Europas. “Point Of No Return” wiederum schrieb Ponty, wie er sagt, bereits mit dem unvergleichlichen Gitarrensound von Allan Holdsworth im Hinterkopf.
 
Mit “The Atacama Experience”, seinem ersten Studioalbum seit 2001, beweist Jean-Luc Ponty, daß es ihm an frischen Ideen wahrlich nicht mangelt. Im Laufe seiner Karriere, die mittlerweile fünf Jahrzehnte umspannt, war der Violinist an über 70 Platteneinspielungen beteiligt, darunter bahnbrechende Alben mit Frank Zappa und seinen Mothers Of Invention sowie John McLaughlin und seinem Mahavishnu Orchestra. In den 70er Jahren gehörte der Franzose, der damals in den USA lebte, neben Herbie Hancock, Chick Corea, John McLaughlin, Stanley Clarke, Tony Williams, Joe Zawinul, Wayne Shorter und anderen zu den Pionieren der Jazz-Rock-Bewegung. Bei seinen Auftritten füllte er damals große Stadien und mit Alben wie “Enigmatic Ocean” (1977), “Cosmic Messenger” (1978) oder “Mystical Adventures” (1982) eroberte nicht nur den ersten Platz in den Jazz-Charts, sondern auch höhere Regionen (Top 40) in den Pop-Charts.
 
* Durch einen bedauerlichen Fehler im Büro der Plattenfirma, wurden im Titel zwei Silben verdreht und aus dem “Atacama Experience” wurde, sehr zum verständlichen Ärger Pontys, fälschlicherweise ein “Acatama Experience”. Zur Korrektur war es, als der Fehler auffiel, leider zu spät, da das Booklet schon gedruckt war. In einer eventuellen Neuauflage des CD-Booklets soll dieser Fehler aber behoben werden.