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Jazzlegende mit afrokubanischen Rhythmen im Blut

Nach dem brasilianisch inspirierten Album “Samba de Marcatu” meldet sich Schlagzeuger Joe Chambers mit seinem neuen Opus “Dance Kobina” zurück, auf dem er neun Stücke zu einer Art afrokubanischer Jazz-Suite zusammengefügt hat.
Joe Chambers
Joe Chambers© Randy Cole
01.02.2023
"Was macht eine großartige Suite großartig? Die Art und Weise, wie die einzelnen Stücke in ihr miteinander in Beziehung stehen”, sagt Joe Chambers über sein neues Album "Dance Kobina”, auf dem er Jazz mit Einflüssen aus Südamerika, der Karibik und Afrika verschmilzt. Im Mittelpunkt stehen dabei vier Eigenkompositionen des inzwischen 80-jährigen Schlagzeugers, der auf dem Album auch als Vibraphonist und Perkussionist zu hören ist und zudem als Arrangeur und Produzent fungierte. Dazu kommen noch zwei Stücke des kanadischen Pianisten und Koproduzenten André Vial. Außerdem gibt es erfrischende Neuinterpretationen von Songs des Tenorsaxofonisten Joe Henderson und des österreichischen Gitarristen Karl Ratzer (zwei Musiker, mit denen Chambers im Laufe seiner langen Karriere zusammengearbeitet hat) sowie einen Klassiker von Kurt Weill. Jedes dieser Stücke wurde von Chambers und seinen Mitmusikern – mal etwas stärker, mal subtiler – mit rhythmischen Elementen des afrokubanischem Guaguancó (einer Spielart der Rumba) eingefärbt. "Für mich sind all diese Stücke miteinander verbunden”, meint Chambers, “und zwar in vielerlei Hinsicht.”
”Ich hatte schon immer eine Vorliebe für Afrokubanisches, Rumba, Guaguancó – diesen Sound”, sagt Joe Chambers, der einst Mitglied der diversen Inkarnationen von Max Roachs gefeiertem Perkussionsensemble M’Boom war. "Das liegt mir im Blut. Ich hörte diese Musik schon, als ich klein war und in einem Vorort von Philadelphia aufwuchs. Der kubanische Guaguancó hat mich schon immer angezogen, ebenso wie der Jazz.” Einige Stücke des Repertoires beziehen sich explizit auf den Guaguancó und verwandte Traditionen, andere eher implizit. Aber das Feeling zieht sich im Grunde durch das gesamte Album.
Was um so faszinierender ist, da Chambers die Aufnahmen mit zwei unterschiedlichen Ensembles in New York und Montréal eingespielt hat. Sechs der neun Nummern nahm er mit Pianist Rick Germanson und Bassist Mark Lewandowski auf, den Musikern seines aktuellen New Yorker Trios, zu denen sich gelegentlich noch der kubanische Perkussionist Emilio Valdes Cortes und Altsaxofonist Marvin Carter gesellten. Die restlichen drei Aufnahmen entstanden in Montréal mit Hilfe von Pianist André Vial, der Altsaxophonistin Caoilainn Power, Vibraphonist Michael Davidson, Bassist Ira Coleman und dem Perkussionisten Elli Miller Maboungou, der Ngoma-Trommeln aus dem Land seiner kongolesischen Vorfahren spielt. Maboungou ist indirekt auch der "doppelt gemoppelte” Titel des Albums zu verdanken: denn in der im Kongo gesprochenen Bantu-Sprache Lingala bedeutet "kobina” soviel wie "tanzen”.
Zwischen 1964 und 1971 war Joe Chambers so etwas wie der Hausschlagzeuger von Blue Note gewesen und tauchte in dieser Zeit auf einigen der progressivsten Alben des Labels auf, darunter Bobby Hutchersons "Components” und "Happenings”, Wayne Shorters "Adam’s Apple”, Freddie Hubbards "Breaking Point”, Joe Hendersons "Mode For Joe”, Sam Rivers’ "Contours”, Andrew Hills "Andrew!!!” und Donald Byrds "Fancy Free”. Und oft steuerte Chambers zum Repertoire dieser Alben eigene Kompositionen bei. Als ihm die Eigentümer des Labels – Alfred Lion und Francis Wolff – damals anboten, ein eigenes Album für Blue Note aufzunehmen, lehnte er dankend ab, weil er einfach schon zu sehr ausgelastet war. So kam es, dass Chambers sein Blue-Note-Debüt "Mirrors” erst 1998 zum 60-jährigen Jubiläum des Labels einspielte. Mit von der Partie war damals der hier wieder zu hörende Bassist Ira Coleman. Auf das zweite Blue-Note-Album "Samba de Maracatu”, auf dem er von brasilianischen Rhythmen und Melodien inspirierten Jazz spielte, mussten die Fans des Schlagzeugers bis 2021 warten. Mit "Dance Kobina” hat er ihm nun schnell seinen dritten Streich folgen lassen.