Man muss in John Abercrombies langer ECM-Geschichte schon weit zurückreisen, um auf das letzte Album zu stoßen, das der Gitarrist für das Label mit einem Pianisten eingespielt hatte. Und zwar bis in den November 1980, als Abercrombie mit Richie Beirach an den Tasten, Bassist George Mraz und Schlagzeuger Peter Donald “M” aufnahm. In den folgenden drei Jahrzehnten brachte der Gitarrist bei der in München beheimateten Plattenfirma mit stetig wechselnden Partnern zwar fleißig ein Album nach dem anderen heraus, aber unter denen befand sich seltsamerweise niemals ein akustischer Pianist. Mit seinem neuen Album “39 Steps” räumt Abercrombie nun endlich mit diesem “Versäumnis” auf. Und mit Marc Copland holte er einen Pianisten an seine Seite, mit dem er das erste Mal vor über vierzig Jahren zusammengearbeitet hatte.
Kennengelernt hatten sich Abercrombie und Copland in den frühen 1970er Jahren, als beide Mitglieder im Quartett des Schlagzeugers Chico Hamilton waren. Parallel dazu spielten sie damals mit u.a. Billy Cobham, Randy und Michael Brecker auch in der innovativen Jazzrock-Band Dreams.
Danach haben sie sich nie aus den Augen verloren, auch wenn sie ihre musikalische Partnerschaft erst in Mitte der 1990er Jahre wieder neu aufleben ließen. Als Mitglied des Marc Copland Quartet war der Gitarrist
1996 an der Einspielung des Albums “Second Look” beteiligt. Mit dem Trompeter/Flugelhornisten Kenny Wheeler als drittem Mann nahm das Gespann zwei Alben auf: “That’s For Sure” (2000) und “Brand New” (2004).
2002 gastierte der Gitarrist wiederum auf dem Album “Marc Copland And…”, das auch den Tenorsaxophonisten Michael Brecker featurete. Und vor zwei Jahren spielten sie schließlich für das junge deutsche Label Pirouet Records das Duo-Album “Speak To Me” ein.
Komplettiert wird das Quartett des neuen Albums von zwei langjährigen
Abercrombie-Begleitern: dem Schlagzeuger Joey Baron und dem Bassisten Drew Gress (der übrigens auch schon an den Einspielungen von “Second Look” und “Marc Copland And…” mitgewirkt hatte). Das Repertoire von
“39 Steps” wird von Jazzballaden und lyrische Stimmungen beherrscht.
Sechs Stücke stammen aus Abercrombies Feder, zwei von Copland, eines ist eine Kollektivimprovisation. Dazu kommt noch eine Dekonstruktion des Standards “Melancholy Baby”. Einen ganz besonderen “Thrill” verleihen diesem Album aber vier Titel, die Filmkenner sofort als Reverenzen an die Werke des britischen Meisterregisseurs Alfred Hitchcock erkennen
werden: “Vertigo”, “Spellbound”, “Shadow Of A Doubt” und natürlich das Titelstück “39 Steps”. Gänsehaut ist beim Anhören dieses Albums also garantiert!
Bei einem exklusiven Deutschland-Konzert wird das John Abercrombie Quartet “39 Steps” am 8. Oktober in der Münchner Unterfahrt live vorstellen.