Billie Holiday, John Coltrane und Marvin Gaye, betont
José James immer wieder, seien seine musikalischen Zieheltern gewesen. Zu Ersterer bekannte sich der in New York lebende Sänger besonders explizit auf dem 2015 erschienenen Album “
Yesterday I Had The Blues”. Nun scheint er auf “
Love In A Time Of Madness” das lange Zeit verwaiste Erbe des Letzteren antreten zu wollen. Und wenn es heute einen Sänger und Songwriter gibt, dem man zutrauen kann, dies mit Stil zu tun, dann ist es José James. Mit “Love In A Time Of Madness” verabschiedet er sich, so teilt er mit, für immer vom Jazz und feiert zugleich seine Wiedergeburt als kraftvolle Stimme des zeitgenössischen
R’n’B,
Soul, Funk und sogenannter
Trap Music. Schon nach wenigen Takten wird einem klar: so sinnlich und sexy wie hier hat man José James noch nie zuvor gehört.
“Als ich mit der Arbeit an ‘Love In A Time Of Madness’ begann, wurde mir etwas sehr deutlich bewusst”, sagt José James. “Bisher hatte ich auf jedem meiner Alben versucht, einfach zu viel zu machen. Dies ist das erste, bei dem ich dachte: ‘Ich möchte es nicht für mich machen. Ich möchte es für andere Leute machen.’ Und mit dieser Einstellung legte ich dann los.” Seine langjährige Band entließ er in die Freiheit, um mit neuen Partnern aus dem Hip-Hop- und R’n’B-Universum – Pharoahe Monch, Anthony Hamilton und Tario Holmes (u.a. Tony! Toni! Toné!, Miguel, Che’nelle) – einen ebenso asketischen wie modernen Sound zu kreieren. Und eine besondere Rolle spielte dabei auch die mythische analoge Drum-Machine Roland TR−808, mit der Marvin Gaye einst seinen Klassiker “Sexual Healing” aufgenommen hatte. Spürbaren Einfluss auf die Musik hatten aber auch die Szene von James’ Heimatstadt Minneapolis, in der er mit dem Power-Funk-Pop von Prince und Morris Day sowie dem New Jack Swing von Jimmy Jam und Terry Lewis aufwuchs, und zeitgenössiche Künstler wie Grimes, Kanye West, FKA Twigs, The Internet, Bryson Tiller und Ellie Goulding. Als Gäste wirkten an dem Album zudem die große Oleta Adams sowie der Sänger und Gitarrist Mali Music mit.
“Im Augenblick lebt etwas wieder auf, das ich seit den 1990ern oder Nuller-Jahren, als sich Hip-Hop, Rhythm’n’Blues und Pop durch Leute wie A Tribe Called Quest, Erykah Badu oder D’Angelo auf eine wirklich spannende Art und Weise näher kamen, nicht mehr gesehen habe”, sagt der Sänger. “Es gibt heute eine ganze neue Generation, die keine Angst hat, all dies miteinander zu vermischen. Die Welt ist für so etwas wieder offen.”
Vor allem dann, wenn diese Mischung so elegant und raffiniert aufbereitet wird wie von José James auf “Love In A Time Of Madness”. Keine Frage: das Erbe von Marvin Gaye ist bei ihm in guten Händen.