Amerikanische Träume, Mythen, Romantik und Realität
Auf seinem Blue-Note-Debüt “where are we” setzt sich Tenorsaxofonist Joshua Redman in fesselnder Weise mit den Widersprüchen der US-amerikanischen Gesellschaft auseinander.
Seit seiner Gründung steht das Label Blue Note für “The Finest In Jazz”. Das Gleiche kann man von Joshua Redman sagen. In den letzten drei Jahrzehnten hat der Saxofonist, Komponist und Bandleader immer wieder bewiesen, wie man die Tradition des Jazz ehren und gleichzeitig seine Reichweite in zeitgenössischen Rahmen erweitern kann. Mit “where are we”, seiner ersten Aufnahme für Blue Note, liefert Redman sein vielleicht bisher anspruchsvollstes und bezwingendstes Album ab, auf dem er zum ersten Mal eine junge Vokalistin featuret.
Die Idee, einmal ein Album mit einer Sängerin zu machen, war Redman schon seit langem durch den Kopf gespukt. Doch die Verwirklichung eines solchen Projekts wurde von ihm immer wieder aufgeschoben. Bis seine Managerin in New Orleans die “perfekte Partnerin” für ihn fand: Gabrielle Cavassa. “Als ich Gabrielle hörte”, erzählt Redman, “fiel mir auf, dass sie über eine unglaubliche Ausdruckskraft verfügt sowie eine Intimität und Verletzlichkeit in ihrem Sound hat, die auf einzigartige Weise fesselnd sind.”
Das Programm des Albums besteht aus Stücken, bei denen Redman eigene Ideen mit Versatzteilen von Jazzstandards von u.a. John Coltrane, Thelonious Monk und Count Basie, Songs von Woodie Guthrie, Bruce Springsteen und Sufjan Stevens oder sogar dem Auszug einer klassischen Komposition von Charles Ives kombiniert hat. Er selbst bezeichnet die Ergebnisse als “Mashups”. Zugleich nimmt Joshua Redman einen mit auf eine stimmungsvolle Reise quer durch die US-amerikanische (Musik-)Landschaft. “Es geht um den amerikanischen Traum, den amerikanischen Mythos, die amerikanische Romantik und die amerikanische Realität”, sagt der Saxofonist, “und darum, wie sie alle in Kombination, Nachbarschaft und Spannung nebeneinander existieren können.” Diese Widersprüchlichkeit spiegeln auch einige der Mashups exemplarisch wider.
Für die Begleitband wählte Redman bewährte Partner aus, die aber in dieser Konstellation noch nie zusammengespielt hatten: Pianist Aaron Parks, Bassist Joe Sanders und Drummer Brian Blade. Um zusätzliche Perspektiven zu eröffnen, lud er noch vier Freunde dazu ein, zu den Porträts ihrer Heimatstädte beizutragen: die Gitarristen Kurt Rosenwinkel (“Streets Of Philadelphia”) und Peter Bernstein (“Manhattan”), Vibrafonist Joel Ross (“Chicago Blues”) und Trompeter Nicholas Payton (“Do You Know What It Means To Miss New Orleans?”).
"Allein wie Sängerin Gabrielle Cavassa das Intro von Tony Bennetts “I Left My Heart In San Francisco” singt – ganz nah am Ohr des Hörers – ist pure Magie. Die Mitgewinnerin des Internationalen Sarah-Vaughan Gesangswettbewerbs und der preisgekrönte Tenor-Saxofonist Redman ergänzen einander perfekt, die Band um Aaron Parks ist fantastisch." – Galore