“Die wahre Überraschung des Abends war die hochtalentierte, junge Sängerin Lizz Wright aus Atlanta, die bei ihrem Debütauftritt in Kalifornien jede Menge Beweise für ihr Potential als neuer Jazzgesangsstar bot… Wrights Performance beim Billie Holiday-Tribut in der Bowl präsentierte ihre tiefes, volles Timbre in Interpretationen von ‘I Cover The Waterfront’ und ‘Don’t Explain’. Schlank und dunkeläugig, mit atemberaubendem Selbstbewußtsein ausgestattet, singt sie mit einer klaren Reife, die über ihr jugendliches Alter hinwegtäuscht.” – Don Heckman / The Los Angeles Times
“Die Entdeckung des Abends war Lizz Wright, eine 22 Jahre junge Sängerin aus Atlanta, die ein Maß an Spiritualität vermittelte, wie man es bei jungen Jazzsängerinnen nur selten findet. Ihre Vorliebe für verhaltene Tempi, beseelte Interpretationen und phantastisch klangvolle tiefe Töne machte locker deutlich, weshalb in der Jazzwelt derzeit so viel über Wright gesprochen wird.” – Howard Reich / The Chicago Tribune
Es ist wohl kaum übertrieben, wenn man behauptet, daß Lizz Wrights Debütalbum “Salt” die Geburtsstunde eines neuen großen Gesangstalents dokumentiert. Seit sie letztes Jahr bei Verve einen Plattenvertrag unterzeichnete, ist die in Georgia geborene Sängerin und Songwriterin Lizz Wright als junge Künstlerin mit schier unbegrenzten Möglichkeiten in der Jazzbranche Gesprächsthema Nummer 1. In ihrer Musik verbindet sie in einzigartiger Weise Einflüsse von Jazz, Folk, Singer-/Songwriter-Pop, Rhythm’n'Blues, Neo-Soul und vor allem der Gospel-Musik, mit der sie aufgewachsen ist. Ihr erstes Demo-Tape elektrisierte die A&R-Manager der führenden Jazzlabels. Das Rennen machte schließlich Verve, das die Sängerin nach einem unvergeßlichen Auftritt in New York sofort unter Vertrag nahm. Mit ihren gerade einmal 23 Jahren darf Lizz Wright den Anspruch erheben, die ausdrucksvollste Vokalistin ihrer Generation zu sein.
Lizz Wright kam am 22. Januar 1980 in der kleinen Stadt Hahira im Süden Georgias zur Welt. Sie besuchte die Houston County High School und wurde schon als Jugendliche mit dem nationalen Chor-Preis ausgezeichnet. Während ihrer Studienzeit an der Georgia State University in Atlanta schnupperte sie in der örtlichen Szene erstmals auch musikalische Luft außerhalb der vier Wände einer Kirche. “Mit dem Jazz kam ich allerdings schon in der Kirche meines Vaters in Berührung”, erzählt Lizz Wright (ihr Vater war auch der Pianist und musikalische Leiter der Kirche). “Damals wußte ich aber noch nicht, daß es ‘Jazz’ war; ich kann mich nur daran erinnern, daß mich diese Musik begeisterte. Der Blues war in den Interpretationen der Gospel-Hymnen ja stets allgegenwärtig. Damals wurde mir bewußt, daß diese Musik Menschen wachrütteln und bewegen kann, sie manchmal sogar zu ekstatischen Ausrufen und zum Klatschen verführt.”
In Atlanta war Lizz Wright Mitglied der Band In The Spirit, mit der sie schnell eine eingeschworene Fangemeinde eroberte und erste positive Kritiken erntete. Die örtliche alternative Zeitung Creative Loafing ernannte In The Spirit 2000 zur besten Jazzgruppe Atlantas und schrieb über Lizz Wright: “Wright ist wirklich eine Sängerin für Sänger. Ihre wunderbare Tonlage und ihre ausgezeichnete Phrasierung legen den Verdacht nahe, daß Miss Wright durchaus Miss Right sein könnte. Sie hat alles, was man dafür braucht.”
Die Kunde von Wrights vielversprechenden Talenten sprach sich in Windeseile in der Jazzgemeinde herum. Dem Pianisten Joe Sample (der gerade mit den Crusaders Wiederauferstehung feiert) war es vorbehalten, im vergangenen Jahr auf seinem Album “The Pecan Tree” die ersten Aufnahmen Lizz Wrights präsentieren zu dürfen. Im Anschluß an die Veröffentlichung des Albums ging die junge Sängerin als Gast mit Joe Samples Band auf Japan-Tournee. Noch im selben Jahr erhielt sie die Einladung, bei Tribut-Konzerten zu Ehren Billie Holidays in Chicago und Los Angeles aufzutreten. Bei diesen Gelegenheiten sang sie zwar nur zwei Titel, aber ihre Darbietungen waren so atemberaubend, daß sich die Kritiker vor Begeisterung überschlugen. Don Heckman, der angesehene Jazzkritiker der Los Angeles Times, war von Wright so sehr beeindruckt, daß er seiner Konzertrezension gleich auch noch einen längeren Feature-Artikel folgen ließ. Diese Zeitungsartikel katapultierten Lizz Wright mit einem Schlag ins nationale Scheinwerferlicht.
“Salt” offenbart Lizz Wrights beeindruckenden Stimmumfang, ihre technische Sicherheit und das dunkle, reiche Timbre, das für eine Sängerin dieses Alters wirklich außergewöhnlich ist. Wie alle großen Jazzsängerinnen versteht sie es, den von ihr gesungenen Texten Atmosphäre, Farbe, Lebendigkeit und Authentizität zu verleihen. Außerdem ist sie selbst eine sehr poetische und seelenvolle Songwriterin. Auf “Salt” stellt sie uns fünf ihrer selbstgeschriebenen kleinen Meisterwerke vor. Das restliche Repertoire setzt sich zusammen aus seltener interpretierten Jazzstandards, Broadway-Hits und einem neuen Stück, das Brian Blade, der Schlagzeuger und Koproduzent dieses Albums, eigens für sie schrieb. Neben Blade fungierten als Produzenten noch Tommy LiPuma und Pianist Jon Cowherd.
Lizz Wright beginnt das Album mit einer groovenden Neo-Soul-Version von “Open Your Eyes, You Can Fly”, einem von Chick Corea und Neville Potter geschriebenen Klassiker der Fusion-Ära, der 1976 durch die Stimme Flora Purims bekannt wurde. Das Titelstück des Albums ist eine der fünf Eigenkompositionen Lizz Wrights und führt uns geradewegs zu den musikalischen Wurzeln der Sängerin: zur Gospel-Musik und ihrem weltlichen Ableger, dem Rhythm’n'Blues. Wrights dunkel schimmernde, hypnotisierende Interpretation von Mongo Santamarias “Afro Blue” wird durch Jeff Haynes' afrikanische Trommeln und Danilo Pérez' brillantes Pianospiel noch spannender. Besonders viel Emotionalität und dramatischen Ausdruck legte die Sängerin in den aus dem Broadway-Musical “The Wiz” stammenden Song “Soon As I Get Home”. Ein Gospel-Stück reinsten Wassers ist “Walk With Me, Lord”, für das ihr der Keyboarder Kenny Banks, ein alter Bekannter und Kollege aus Atlanta, das Arrangement fertigte. “Eternity”, ein träumerisches, fesselndes Folk-Pop-Stück und das erste wirkliche Liebeslied dieses Albums, ist wiederum eine von Lizz Wrights eigenen Kompositionen.
“Goodbye” und “End Of The Line” sind zwei zu Herz gehende Songs, in denen Wright ihr ganzes Talent als dramatische Chanteuse unter Beweis stellen kann. Besonders originell ist, daß der 1965 erstmals von Nina Simone aufgenommene Titel “End Of The Line” in diesem Arrangement von Jon Cowherd mit Sergej Rachmaninows “Vocalise” kombiniert wurde. Lizz Wrights “Fire” ist ein vor Leidenschaft geradezu glühendes Liebeslied mit einem großartigen, poppigen Hook. Brian Blades “Lead The Way” geht, wie zuvor schon “Eternity”, musikalisch in Richtung Folk-Pop. Den Abschluß bilden zwei weitere Wright-Originale: die Singer-/Songwriter-Hymne “Blue Rose” und das wundervolle “Silence”, das den Gitarristen Adam Rogers featuret.
Ganz sicher wird Lizz Wrights Debütalbum bei Kritik und Publikum dieselbe Begeisterung auslösen wie bisher ihre Konzerte. Auffallend ist vor allem, mit welcher Natürlichkeit die Sängerin die Standards und eigenen Songs interpretiert. “Mich inspiriert Musik, die das wahre Leben und wirkliche Leute porträtiert”, meint die introspektive Sängerin. “Solche Stücke kann man in nahezu allen möglichen Stilen finden, vor allem aber in der Gospel-Musik, beim Jazz und bestimmten Arten des Rhythm’n'Blues. Ich mag Sänger(innen), die geistigen Tiefgang und Klarheit besitzen und auf kreative Weise allem Ausdruck verleihen können, ihren politischen Ansichten ebenso wie sehr persönlichen Erfahrungen. Ich möchte gerne so ehrlich und transparent sein wie meine Vorbilder. Und ich hoffe, daß ich dies eines Tages auch anderen weitervermitteln kann.”