Luminessence Series | News | Individualistinnen mit lyrischer Ader und Improvisationstalent

Individualistinnen mit lyrischer Ader und Improvisationstalent

Mit Annette Peacocks “An Acrobat’s Heart” und Marilyn Crispells “Amaryllis” erschienen bei ECM vor rund 25 Jahren zwei außergewöhnliche Alben, die heute als Klassiker gelten. Nun erscheinen beide in der “Luminessence”-Reihe erstmals auf Vinyl.
ECM Luminessence Series: Annette Peacock "An Acrobat's Heart" / Marilyn Crispell, Gary Peacock & Paul Motian "Amaryllis"
ECM Luminessence Series: Annette Peacock "An Acrobat's Heart" / Marilyn Crispell, Gary Peacock & Paul Motian "Amaryllis"
21.10.2024
Diese LP und weitere der Luminessence Serie und von ECM finden Sie im JazzEcho-Store.
 
Annette Peacock – An Acrobat’s Heart
Ein hinreißend schönes Album von einer der geheimnisvollsten und faszinierendsten Figuren am Rande des Jazz, die sich seit fast sechs Jahrzehnten erfolgreich jeder Kategorisierung entzieht. Obwohl sie mit ihren bezaubernden Kompositionen bereits einige der allerersten ECM-Alben* geprägt hatte, war “An Acrobat’s Heart“ im Jahr 2000 das erste eigene Album der Songschreiberin, Sängerin und Pianistin Annette Peacock für das Label von Manfred Eicher. Mit ihrer unverwechselbaren, oft etwas lakonischen Stimme und ihrem subtilen, schnörkellosen Klavierspiel präsentiert Peacock hier fünfzehn neue Eigenkompositionen, wunderbar unterstützt vom gefeierten Cikada String Quartet. Den Anstoß zu diesem Album hatte Manfred Eicher bereits vier Jahre zuvor gegeben, als er Annette bat, Stücke für Streichquartett zu schreiben. “Ich mochte schon immer ihren sehr persönlichen Schreibstil”, sagt der Produzent, “und die Einfachheit und Klarheit ihrer Songs. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie die Essenz eines Ausdrucks genau getroffen hat.” Auf “An Acrobat’s Heart” ist Annette Peacock dies auf besonders beeindruckende Weise gelungen. “‘An Acrobat’s Heart’ ist eine fast bruchlose Folge von Songs, die nur ihrer eigenen Spur folgen, der Entwicklung der verschiedenen Textsequenzen und nicht der plumpen Mechanik von Strophe und Refrain”, schrieb Stephan Hentz damals in der Neuen Zürcher Zeitung. “Annette Peacocks Musik lebt von der Schwebung der wie hingestreuten einzelnen Töne, vom Kontrast zwischen dem Ton und der Stille, die ihm erst Kontur gibt, von der Präzision, mit der sie die verschiedenen Klangebenen verwebt und miteinander zum Schwingen bringt.”
 * Es handelt sich um “Paul Bley with Gary Peacock” (ECM 1003), “Ballads” (ECM 1010) und “Open, To Love” (ECM 1023) von Annettes damaligem Ehemann Paul Bley.
 
 Marilyn Crispell, Gary Peacock & Paul Motian – Amaryllis
Die amerikanische Pianistin und Komponistin Marilyn Crispell, derzeit Mitglied von Joe Lovanos gefeiertem Trio Tapestry, zählt seit den 1980er Jahren zu den kreativsten Vertreterinnen des modernen Free Jazz und der Neuen Improvisationsmusik. Ihr Solo-Debüt bei ECM Records gab sie 1997 mit dem Album “Nothing Ever Was, Anyway”, das ausschließlich Songs von Annette Peacock enthält und seinerzeit auf vielen Jahresbestenlisten ganz oben stand. Mit denselben Musikern, mit denen sie ihr Debüt eingespielt hatte (Bassist Gary Peacock und Schlagzeuger Paul Motian), ging Crispell vier Jahre später erneut für ECM ins Aufnahmestudio, um das Nachfolgealbum “Amaryllis” einzuspielen. Auf dem Programm stehen diesmal abwechselnd nachdenkliche, berührende, fröhliche und zutiefst aufwühlende Eigenkompositionen der Pianistin und ihrer beiden Spielpartner, darunter bekannte Stücke wie Crispells “Rounds”, Gary Peacocks “Requiem” und “December Wings” sowie Paul Motians “Conception Vessel”, die fast schon Klassiker des neuen Jazz sind. Es gibt auch eine Reihe von erstaunlich wirkungsvollen frei improvisierten Balladen. “Atemberaubend, wie die zierliche Pianistin konzentriert Ton an Ton setzt, den zarten Klängen ausreichend Raum und Zeit lässt”, notierte Sven Thielmann in Stereoplay. “Souverän webt Gary Peacock seine Basslinien ein, und Paul Motian schafft jenseits aller Beats einigende Strukturen. So gerät Amaryllis zu einem beeindruckenden Manifest musikalischer Freiheiten: In blindem Verstehen entfaltet sich ein mild changierendes Feuerwerk brillanter Ideen, die bei aller Ernsthaftigkeit doch herrlich unbeschwert erklingen.”
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