Mark Murphy hat den Jazz einmal als ein “wundervolles Mysterium” bezeichnet, das einen Club von einem Moment auf den anderen “in Brand setzen” kann. Wenn dem so ist, dann war Murphy selbst ein regelrechter Mysterienmeister und ein großartiger Brandstifter. Einer, der die Kunst des Scat ebenso beherrschte wie jene der Vocalese. Einer, der rasante Bebop-Nummern genauso meisterte wie ganz tief unter die Haut gehende Balladen. Einer, der noch die bekanntesten Standards oder ungewöhnlichsten Pop-Songs nehmen und in völlig neu klingende Songs verwandeln konnte.
“Mark Murphy schien oft der einzige wahre Jazzsänger seiner Generation zu sein”, meinte der amerikanische Kritiker John Bush einmal. “Als junger, hipper Post-Bop-Sänger verbrachte Murphy den größten Teil seiner Karriere damit, Standards zu singen – und präsentierte in der künstlerisch dürftigen Periode der 70er und 80er Jahre oft radikal überarbeitete Versionen dieser Standards, während viele andere Sänger den Verlockungen der Lounge-Musik erlagen.” Die New York Post bezeichnete ihn sehr treffend als “singer’s singer” und “hipster’s hipster”. Und das ist Mark Murphy bis zu seinem letzten Atemzug geblieben.
Der am 14. März 1932 in Syracuse/New York geborene und im nahegelegenen Fulton aufgewachsene Mark Murphy nahm mit 24 Jahren für Decca sein Debütalbum “Meet Mark Murphy” auf und beeindruckte schon gleich am Anfang seiner Karriere durch seine exzellenten Scat-Fähigkeiten. Mit seinem Bebop-geschulten Gesang und einer cleveren Repertoirewahl hob er sich auch in den folgenden Jahrzehnten von der Mehrzahl seiner oftmals nur als Crooner agierenden Kollegen ab. Gesangsgrößen wie Betty Carter, Peggy Lee, Cleo Laine und Shirley Horn lobten Murphy als einen der Besten der Branche und die legendäre Ella Fitzgerald erklärte sogar: “Er ist mir ebenbürtig.”
Um mehr Entscheidungsfreiheit zu gewinnen, löste Murphy Anfang der 60er Jahre seinen Plattenvertrag mit Capitol Records auf und begann für kleine unabhängige Labels spannendere Projekte aufzunehmen. Mit Jazzlegenden wie Bill Evans, Clark Terry, Urbie Green, Blue Mitchell und Wynton Kelly nahm er damals u.a. für das Riverside-Label die heute zu den Klassikern zählende Platte “Rah” auf. 1973 begann Murphy eine beinahe zwei Jahrzehnte lang währende Liasion mit dem Label Muse, aus der Klassiker wie “Stolen Moments” (1978), “Bop For Kerouac” (1981), “Brazil Songs” (1983), “Beauty And The Beast” (1985) und “Kerouac Then And Now” (1986) hervorgingen. Durch die Zusammenarbeit mit dem japanischen Acid-Jazz-Trio U.F.O. geriet Murphy mit seinem Hit “Stolen Moments” Mitte der 90er Jahre plötzlich ins Blickfeld einer jüngeren Hörergeneration, die mit Acid Jazz und HipHop aufgewachsen war. 2002 folgte ein Gastauftritt auf Till Brönners Album “Blue Eyed Soul”. Der deutsche Trompeter sorgte dann auch dafür, dass zwei neue, von ihm produzierte Mark-Murphy-Alben (“Once To Every Heart” und “Love Is What Stays”) beim renommierten Label Verve Records erscheinen konnten. Beide Alben wurden von der internationalen Jazzkritik sofort zu Murphys besten gezählt. Jetzt ist Mark Murphy am 22. Oktober im Alter von 83 Jahren in New Jersey gestorben.
Bedeutende Mark-Murphy-Alben als Download:
Once To Every Heart:
Love Is What Stays:
Rah!:
A Swingin', Singin' Affair