Der Fahrstuhl fährt wieder – Miles Davis' Kultsoundtrack als remasterte LP
Miles Davis' Filmmusik zu “Fahrstuhl zum Schafott” gilt als bester Jazz-Soundtrack aller Zeiten. Jetzt wurde er für eine LP-Wiederveröffentlichung neu remastert.
Miles Davis: Ascenseur pour l'echafaud (Gatefold Deluxe LP)
09.02.2024
Heutzutage kursieren viele Gerüchte, wie es vor siebzig Jahren genau zu Miles Davis‘ ungewöhnlicher und längst legendärer Filmmusik zu Louis Malles Noir-Film „Ascenseur pour l'Échafaud“ (“Fahrstuhl zum Schafott”) gekommen ist. „Ich war ein riesiger Jazzfan… die Musik für „Ascenseur“ ist einzigartig, eine der wenigen Filmmusiken, die komplett improvisiert wurde…“, erinnert sich Louis Malle.
Fest steht: Miles Davis trat im November 1957 im Club Saint-Germain in Paris auf und stimmte dem ungewöhnlichen Projekt sofort zu. Am 4. Dezember brachte er seine vier Sidemen ins Aufnahmestudio, er hatte den Musikern nur ein paar rudimentäre harmonische Angaben mitgebracht, die er in seinem Hotelzimmer zusammengestellt hatte, direkt nachdem Malle ihm den Film in einer Privatvorführung gezeigt hatte. Bassist Pierre Michelot erinnerte sich 1988: „Miles hat uns einfach gebeten, zwei Akkorde, d-Moll und C7, jeweils 4 Takte, ad lib zu spielen, das war’s!“
Miles Davis war ein Meister der Improvisation, wusste aber stets genau, was er wollte. François Leterrier, der zweite Regieassistent des Films, war damals dabei: „Die Session begann gegen zehn Uhr morgens und dauerte bis zum Morgengrauen. Auf der Leinwand liefen die Szenen als Schleifen, inspiriert davon entstand die Musik völlig improvisiert in einer Art und Weise, die quasi bis in die Zeit des Stummfilms zurückreicht, als Pianisten im Kino live zum Film ihre Musik kreierten. Es waren starke Schwarz-Weiß-Bilder des Kameramanns Henri Decaë, Kamerafahrten mit Jeanne Moreau, die nachts über die Champs-Élysées spaziert, an erleuchteten Schaufenstern vorbei, durch Bars streifend, auf der Suche nach ihrem Geliebten, dem von Maurice Ronet gespielten Mörder ihres Mannes. Wir alle dort im dunklen Saal waren uns bewusst, dass etwas Außergewöhnliches geschah. In den frühen Morgenstunden trafen wir uns alle wieder, und Louis Malle blickte Miles mit den ungläubigen Augen eines Kindes an, als könnte er das Geschenk, das er gerade von ihm erhalten hatte, nicht fassen.“
Der Film wurde ein großer Erfolg, die Musik wurde auf 10-inch von Fontana veröffentlicht und erhielt den Grand Prix der französischen Académie Charles Cros, in den USA erschien sie auf Columbia Records und erhielt 1960 eine Grammy-Nominierung für die beste Solo/Small Group Jazz Performance.
Die remasterte LP-Neuauflage der Musik wurde bei GZ auf 180-Gramm-Vinyl gepresst und in einem attraktiven Klappcover mit Jean-Pierre Leloirs ikonischem Studiofoto von Miles Davis und Jeanne Moreau verpackt. Ein Beiblatt enthält die Original-Linernotes von Boris Vian und ein neues Essay von Franck Bergerot.