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Mr. Cool – Miles Davis kommt auf Deluxe-LP

Zum 70. Jubiläum der “Birth Of The Cool”-Einspielungen von Miles Davis erscheint eine LP-Edition, die Vinylfans Herzrasen beschehren dürfte.
Miles Davis
Miles Davis
06.06.2019
Man soll Dinge ja nicht nach dem Äußeren beurteilen, aber hier muss mal eine Ausnahme gemacht werden. Wir zählen auf: Zwei von den historischen Originalbändern neu gemasterte und in 180g-Vinyl gepresste Schallplatten, schweres, glanzlaminiertes Tip-on-Gatefoldcover, eingeklebtes 24-seitiges Booklet auf Kunstdruckpapier mit raren, großformatigen Fotos von den Aufnahmesessions, einem exklusiven ausführlichen Essay von Jazzpublizist Ashley Khan, der für seine auch in Deutschland erschienenen Bücher “Kind of Blue – Die Entstehung eines Meisterwerks”, “A Love Supreme – John Coltranes legendäres Album” und “Impulse! Das Label, das Coltrane erschuf” bekannt ist, Texte von Gerry Mulligan und Phil Schaap. Dieses Prachtstück liegt schwer und glänzend in der Hand und dürfte Jazzfans ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
“Genie” ist ein Wort, das in der Musikwelt gerne inflationär gebraucht wird. Dass Miles Davis ein musikalisches Genie war, wird aber kaum jemand ernsthaft in Abrede stellen. Zu den stilprägenden Alben, die er in seiner sechs Jahrzehnte umspanndenden Karriere schuf, gehört auch “Birth Of The Cool”, dessen Aufnahmen 1949/50 den Boden für die Entstehung des Cool Jazz bereitet hatten. An der Einspielung dieses Meisterwerks waren mit Gerry Mulligan, John Lewis und Lee Konitz Musiker beteiligt, die in den folgenden Jahren neben Miles zu den führenden Protagonisten des neuen Stils gehören sollten.
Zum 70. Jubiläum der ersten Sessions für “Birth Of The Cool” erscheint nun auf Vinyl erstmals ein Doppelalbum, das neben den ursprünglichen Studioaufnahmen auch die Live-Aufnahmen enthält, die von dem Miles Davis Nonett ein paar Monate zuvor im Royal Roost in New York City aufgezeichnet wurden. Eine neue 79-minütige CD-Version wird folgen.
The Complete Birth Of The Cool Sessions” dokumentiert eindrucksvoll einen epochalen Wandel im Jazz: nämlich den Übergang von den revolutionären, frenetischen Klängen des Bebop zu einem ausgekügelteren, impressionistischen Stil mit einem Fokus auf akkordreiches, überwiegend im Mid-Tempo gespieltes Material und glänzende Soli. “Bird und Diz spielten diese schrägen, wirklich schnellen Sachen”, erinnerte sich Miles in seiner Autobiographie an diese Zeit, “aber wer nicht genauso schnell hörte, dem entging der Humor und das Gefühl ihrer Musik. […] ‘Birth Of The Cool’ war anders – man konnte jede Feinheit hören und trotzdem mitsummen.”
Wesentlichen Anteil an dem “Cool Jazz”-Konzept von Miles hatte der kanadische Komponist und Arrangeuer Gil Evans. Für die drei Studiosessions, die im Januar und April 1949 sowie im März 1950 in New York stattfanden, hatte er diverse neunköpfige Ensembles mit Musikern wie den Saxophonisten Lee Konitz und Gerry Mulligan, den Posaunistens JJ Johnson und Kai Winding, den Pianisten John Lewis und Al Haig, Bassist Al McKibbon sowie den Schlagzeugern Max Roach und Kenny Clarke zusammengestellt. Die einzelnen Titel dieser Sessions wurden zunächst nach und nach auf 10-Zoll-Schellackplatten mit 78 Umdrehungen herausgebracht und erst 1957 unter dem Titel “Birth Of The Cool” zusammen auf einem Album veröffentlicht. Bei den bereits im September 1948 aufgezeichneten Live-Aufnahmen aus dem Royal Roost wurden für diese neue Ausgabe eigens die Spielgeschwindigkeit und Tonhöhe korrigiert.