Improvisation und Spiritualität: beseelt vom Geist der Kollektivität
Auf “In The Spirit Of Ntu” zollt der Pianist Nduduzo Makhathini seinen südafrikanischen Wurzeln und Vorbildern wie Abdullah Ibrahim, Bheki Mseleku, John Coltrane und McCoy Tyner Tribut.
Nduduzo Makhathini(c) Kgabo Legora
31.05.2022
Das Album auf LP und weiteres von Blue Note Records finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Abdullah Ibrahim, Dudu Pukwana, Johnny Dyani, Hugh Masekela, Bheki Mseleku, Chris McGregor, Louis Moholo… das sind nur einige der südafrikanischen Musiker, die als Instrumentalisten, Komponisten, Arrangeure und Bandleader bereits unauslöschliche Spuren in der internationalen Jazzszene hinterlassen haben. Fortsetzen ließ sich diese Liste locker mit den Namen von Claude Deppa, Moses Taiwa Molelekwa, Jonathan Butler, Tony Cedras, Sathima Bea Benjamin… Und spätestens seit er 2017 bei den All Africa Music Awards im nigerianischen Lagos als bester Jazzkünstler des ganzen Kontinents ausgezeichnet wurde, gehört auch der Pianist und Komponist Nduduzo Makhathini dazu. Deshalb ist es nur allzu passend, das sein jüngstes Opus “In The Spirit Of Ntu” nun das erste Album ist, das auf dem frisch aus der Taufe gehobenen Sublabel Blue Note Africa erscheint.
“In The Spirit Of Ntu” ist Makhathinis zehntes Soloalbum und ein wahrer Meilenstein für den südafrikanischen Pianisten, Komponisten und Improvisierer, der in seiner Heimat seit einiger Zeit auch als Sangoma (Heiler) wirkt. Auf ihm verdichtet er thematische, klangliche und konzeptionelle Ideen, mit denen er sich bereits seit 2014 auf seinen vorangegangenen Alben auseinandergesetzt hatte, zu einem ebenso vielschichtigen wie zugänglichen neuen Werk. “Ich hatte wirklich das Bedürfnis, alles, was ich bisher gemacht habe, zusammenzufassen und in einen Kontext zu stellen”, verrät Makhathini.
Für das ambitionierte Projekt stellte Nduduzo Makhathini eine Band aus einigen der aufregendsten jungen Musiker Südafrikas zusammen, darunter der Tenorsaxofonist Linda Sikhakhane, Trompeter Robin Fassie Kock, Marimba-Spieler Dylan Tabisher, Bassist Stephen de Souza, Perkussionist Gontse Makhene und Schlagzeuger Dane Paris. Als Gäste präsentiert Nduduzo außerdem seine Ehefrau Omagugu Makhathini, die österreichische Vokalistin Anna Widauer und den aus Philadelphia stammenden Altsaxofonisten Jaleel Shaw.
Auf “In The Spirit Of Ntu” zollt Nduduzo Makhathini seinen südafrikanischen Wurzeln und den Zulu-Traditionen Tribut, aber auch seinen dezidierten musikalischen Vorbildern Abdullah Ibrahim, Bheki Mseleku, John Coltrane und McCoy Tyner. In einem Interview mit Nadia Neophytou von Okayafrica verriet Makhathini kürzlich, dass er eigentlich erst recht spät und durch Zufall zum Jazz fand: “Ich nahm während meines Musikstudiums eher ungewollt an einem Jazzprogramm teil. Dabei stellte ich fest, dass ein Großteil der südafrikanischen Musik, mit der ich vertraut war – traditionelle Musik und auch große Teile der Kirchenmusik - viele Konzepte verwendet, die denen des Jazz gleichen. Aber ich wusste bis dahin einfach nicht, dass es Jazz war. Kulturell beschäftigte ich mich durch mein Erbe und meine Geschichte bereits mit Improvisation und Spiritualität. All diese Dinge spielten in der Musik, die ich kannte, schon eine Rolle. Insofern denke ich, dass Jazz einfach ein Raum ist, der einige der Dinge, mit denen ich mich in meiner Kultur, in meiner Erziehung auseinandergesetzt habe, nur verstärkt hat.”
Wahrscheinlich gelingt es Nduduzo Makhathini gerade deshalb so gut, die Grenzen zwischen westlichem Jazz und traditionell südafrikanischen Musikstilen auf “In The Spirit Of Ntu” vollkommen aufzuheben. Ntu ist eine alte alte südafrikanische Philosophie, aus der sich wiederum die Idee von Ubuntu ableitete. Ubuntu bedeutet wörtlich soviel wie “Ich bin, weil du bist” und steht für Menschlichkeit, Nächstenliebe,Gemeinsinn und Kollektivität. Genau darum geht es auch in der Musik dieses Albums, die - wie der Titel schon nahelegt – ganz im Geiste von Ntu entstanden ist.