Die “High Priestess of Soul” in Höchstform – Nina Simone live beim Newport Jazz Festival
Das Album “You’ve Got To Learn” enthält nie zuvor veröffentlichte Live-Aufnahmen von Nina Simone und ihrem Quartett, die 1966 beim Newport Jazz Festival aufgezeichnet wurden.
“Das Newport Jazz Festival hatte in Nina Simone schon immer das Beste zum Vorschein gebracht”, schreibt die Musikwissenschaftlerin Shana L. Redmond, die u. a. an der UCLA Herb Alpert School of Music lehrt, in ihrem Begleittext zu “You’ve Got To Learn”. Das Album, das jetzt zu Ehren von Ninas 90. Geburtstag auf CD, Vinyl und im digitalen Format erscheint, enthält eine bislang unveröffentlichte Live-Aufnahme der legendären Sängerin, Pianistin, Songschreiberin und Bürgerrechtsaktivistin. Als Nina Simone am 2. Juli 1966 mit ihrem Quartett die berühmte Bühne des Newport Jazz Festival betrat, bot sie dem Publikum in einem nur etwas mehr als halbstündigen Set die ganze Bandbreite ihres Könnens.
Fließend wechselt sie von Jazz über Spirituals und Gospel zu Blues und Soul, kontrastiert aufwühlende (sozial)politische Songs mit zarten Liebesballaden und eigene Kompositionen mit Material von George und Ira Gershwin, Charles Aznavour, Bart Howard und ihrem damaligen Ehemann Andy Stroud.
Unfehlbar zur Seite stehen Nina dabei ihre bestens eingespielten Begleiter Rudy Stevenson (Gitarre), Lisle Atkinson (Bass) und Bobby Hamilton (Schlagzeug). Mit ihnen hatte sie in den zwei vorangegangenen Jahren für ihr Label Philips schon die Albumklassiker “Nina Simone in Concert”, “Broadway-Blues-Ballads”, “I Put A Spell On You”, “Pastel Blues”, “Let It All Out” und “Wild Is The Wind” aufgenommen.
Den Auftakt macht Nina hier mit dem Titelsong “You’ve Got To Learn”, der eine englischsprachige Adaption von Charles Aznavours Chanson “Il Faut Savoir” ist. Dann wechselt sie mit “I Loves You, Porgy” (aus der Gershwin-Oper “Porgy And Bess”) zu einem ihrer größten Hits, bevor sie dem Publikum mit “Blues For Mama (Hey Lawdy Mama)” eine eigene neue Nummer vorstellt, zu der ihre Kollegin und Freundin Abbey Lincoln den Text beigesteuert hatte. Den von ihrem Ehemann geschriebenen Song “Be My Husband” trägt Nina danach, nur von der scheppernden Hi-Hat und dem Fußstampfen ihres Schlagzeugers Bobby Hamilton begleitet, in der Art und Weise eines Worksongs (field holler) vor. Dann folgt mit “Mississippi Goddam” einer ihrer ikonischsten Songs, der in seiner Brisanz wohl nur mit Billie Holidays “Strange Fruit” vergleichbar ist. Nach einer stehenden Ovation beendet sie ihr Programm schließlich mit einem versöhnlichen Stück: Bart Howards “Music For Lovers”. Dabei ergreift sie die Gelegenheit, in ihrem Vortrag kurz ihre klassische Klavierschulung aufblitzen zu lassen.
Diese erstmals veröffentlichten Aufnahmen von “You’ve Got To Learn” machen einmal mehr deutlich, warum es ein so einmaliges Erlebnis war, Nina Simone auf der Bühne zu erleben. “Auf ‘You’ve Got To Learn’ erleben wir eine der bedeutendsten Künstlerinnen aller Zeiten auf dem absoluten Höhepunkt ihrer Kreativität und Schaffenskraft – von einem solchen Ereignis kann es gar nicht genug Livemitschnitte geben.” – Jazzthetik