Kühner Seitensprung – Jazz-Diva auf musikalischen Abwegen
Unter dem Titel “Nina’s Back” legte Nina Simone 1985 eines ihrer ausgefallensten Alben heraus, auf dem sie karibische und westafrikanische Einflüsse mit Motown-Soul und -Funk sowie Rhythm’n’Blues vermischte.
“Ein schöner Rücken kann auch entzücken” muss sich das Kreativ-Team des obskuren Labels VPI gedacht haben, als es 1985 das Original-Cover für Nina Simones Album “Nina’s Back” entwarf. Der Titel erhielt durch das Foto, das die Sängerin mit entblößtem Rücken zeigte, eine amüsante Doppeldeutigkeit und konnte sowohl als “Nina ist wieder zurück” oder eben “Ninas Rücken” interpretiert werden. Dabei war die Sängerin und Pianistin nie so ganz von der Szene verschwunden gewesen, dass man das Album wirklich als Comeback hätte bezeichnen können. Auch wenn sie seit 1974 nur noch sporadisch neue Alben herausgebracht hatte. Das letzte vor “Nina’s Back” war 1982 “Fodder On My Wings” gewesen, aufgenommen mit jungen französischen und afrikanischen Musikern (u.a. von der Fusion-Band Sixun) in ihrer damaligen Wahlheimat Paris. Für die Einspielung des Albums “Nina’s Back”, das nun mit einem völlig neuen Cover wieder auf CD und Vinyl sowie erstmal digital veröffentlicht wird, war die streitbare Diva indes in die USA zurückgereist.
So bunt schillernd und überraschend poppig wie das brandneue Cover ist auch die Musik, die Nina Simone in Hollywood und New York unter der Regie des Songwriters und Produzenten Eddie Singleton aufnahm. Singleton, der sein Handwerk bei Motown Records gelernt hatte, stellte für Nina eine großartige Band aus Musikern zusammen, die als The Funk Brothers bei zahlreichen Motown-Einspielungen mitgewirkt oder mit Donald Byrd, den Blackbyrds und Gil Scott-Heron gespielt hatten (u.a. Posaunist George Bohanon, die Trompeter Ray Brown und Hense Powell, Saxofonist Allan Barnes sowie der Gitarrist und Bassist Arthur Adams). Das Repertoire bestand fast ausschließlich aus neueren Simone-Originalen, darunter das zusammen mit Eddie Singleton und Arthur Adams geschriebene “It’s Cold Out Here” und “Touching And Caring”, aber auch ein Remake des drei Jahre zuvor erstveröffentlichten Erfolgs “Fodder On My Wings”. Geprägt sind viele dieser Songs von den karibischen und westafrikanischen Einflüssen, die Nina bei ihren Aufenthalten in Barbados und Liberia aufgesaugt hatte, aber auch von zeitgenössischem Motown-Soul und -Funk, slickem Rhythm’n’Blues und sogar Disco-Anklängen.