Der charismatische italienische Liedermacher und “Grummel-Barde” Paolo Conte ist nicht zuletzt live ein Erlebnis. Davon künden seit vielen Jahren ausverkaufte Konzerte in Europas angesehensten Konzerthallen und Livealben, von denen einige zu Klassikern wurden. Als sein diesjähriges Februar-Konzert in der berühmten Mailänder Scala angekündigt wurde, war das für einige allerdings ein Skandal: ein Pop-Musiker im bedeutendsten Opernhaus der Welt!
Opernexperte Piero Maranghi veröffentlichte in der Tageszeitung „Il Foglio“ einen offenen Brief an den Liedermacher und bezeichnete das geplante Konzert als „Schlag ins Gesicht der Scala-Geschichte“. Solch ein Auftritt im Opernhaus wäre nichts weniger als eine „Entweihung“ und ein „gefährlicher Präzedenzfall“. Das Ergebnis war eine hitzige Diskussion unter italienischen Intellektuellen, Musikern und Journalisten, die sich erst wieder beruhigte, als Kultur-Staatssekretär Vittorio Sgarbi die Frage in den Raum stellte, ob es ein Genre gäbe „das für die Scala würdig ist, und ein Genre, das unwürdig ist“. Er lobte die „ausgezeichnete Idee“, Conte für ein Scala-Konzert einzuladen und kündigte an, beim Auftritt anwesend zu sein.
Für die Scala selbst war die Kontroverse einfach nur „viel Lärm um nichts“. Schon seit Jahren sei das Theater unterschiedlichen Künstlern und Genres offen, man denke nur an die Ballettpremiere „Solitude Sometimes“ zur Musik der Band Radiohead. Das Konzert Contes sei „eine Anerkennung der ikonischen Rolle, die der Künstler im musikalischen Panorama unseres Landes erreicht hat, und seiner internationalen Wertschätzung“.
So sah es offensichtlich auch das Publikum. Mit stehenden Ovationen begrüßte es an jenem Sonntagabend im Februar den italienischen Chansonnier, der im Alter von 86 Jahren nicht nur sein eigenes Scala-Debüt feierte, sondern auch das der Pop-Musik überhaupt. Intendant Dominique Meyer meinte zufrieden: “Ich bin für Menschen, die Brücken bauen, nicht Mauern. Heute Abend haben wir ein Publikum von Stammgästen, aber auch von Menschen, die noch nie in der Scala waren”. Mit “Aguaplano”, dem Song, der seinem siebenten Album seinen Titel verleiht, begann Conte sein Konzert auf der Bühne, die optisch in einen Jazzclub der 1940-er Jahre verwandelt wurde. Auch nach dem Konzert gab es erneut stehende Ovationen.
Festgehalten wurde der historische Abend auf dem jetzt erscheinenden Live-Album „Paolo Conte alla Scala”, mit neunzehn seiner Song-Klassiker, aufgenommen an „heiligem Ort“, erhältlich als Doppel-CD und 180gr-Doppel-LP im Gatefold-Sleeve mit Poster.