Das britische Trio Quercus bietet auf seinem gleichnamigen Debütalbum tiefgründige und bewegende Interpretationen von traditionellen und nicht-traditionellen Songs, zu deren Herzen es auf unorthodoxe Weise vordringt. In diesem einzigartigen Ensemble wird die dunkle Stimme der großartigen Folksängerin June Tabor von den dezent abenteuerlichen Arrangements und subtilen Improvisationen Iain Ballamys und Huw Warrens gerahmt und gestützt. Warren arbeitet mit Tabor nun schon seit 25 Jahren zusammen und prägte viele ihrer Alben entscheidend mit. “Sein Piano”, bemerkte der Guardian einmal, “hat die dunkleren Herbstfaben in Tabors Klangpalette herausdistilliert.” Die Natur ihrer Zusammenarbeit ist bei Quercus jedoch eine andere. In diesem Trio sind alle drei Musiker gleichberechtigt. Gemeinsam und von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus legen die Sängerin, der Saxophonist und der Pianist den emotionalen Kern der Songs frei. Wichtig ist ihnen vor allem, die Lieder und Texte respektvoll zu behandeln. Darum werden die instrumentalen Fähigkeiten und melodischen Einfälle so eingesetzt, dass sie diese ins rechte Licht rücken.
Im ersten Teil des Stücks “Come Away Death”, das auf einer Passage aus Shakespearess “Was ihr wollt” basiert, spielt zum Beispiel Ballamy auf seinem Tenorsax unisono zur Gesangslinie. “Bei Quercus probiere ich unter anderem, gemeinsam mit Junes Stimme einen Sound zu kreieren”, sagt Ballamy. “Dabei muss ich auf den Ton und präzise Lautstärkenkontrolle achten. Und das ist für mich ein sehr viel interessanteres Ziel als ein cleveres Solo zu spielen.” Für die zweite Hälfte des Stücks hat Ballamy den Text instrumental umgesetzt: Saxophon und Piano tanzen dort zu einem jambischen Beat.
Wie bei den meisten ihrer Werken, scheut June Tabor, die kürzlich mit einem BBC Folk Award als Sängerin des Jahres ausgezeichnet wurde, auch hier nicht vor den großen Themen des Lebens zurück: die Texte handeln nicht nur von Liebe, Treue und Wiedervereingung, sondern auch von Tod, Krieg und Betrug. Das Album beginnt sanft mit Robert Burns’ “Lassie Lie Near Me”, aber schon bald offenbart sich in A.E. Housmans Erste-Weltkriegs-Poem“The Lads In Their Hundreds” die flüchtige Natur der Glücklichkeit. Die von George Butterworth stammende Musik wurde von Ballamy neu arrangiert. Warrens Solonummer “Teares” gibt gleich darauf eine passende Antwort…